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Niklaus Rüegg - Comicgeschichten

Humor und eine ausgesprochene Affinität zum Widersinnigen durchdringen das vielseitige Werk von Niklaus Rüegg. In seinen Gemälden verarbeitet er Bilder aus den Massenmedien und stellt deren vorgegebene Sinngebung in Frage, indem er ihre verkehrte, umgekehrte Bedeutung freilegt. Meist steht das „Verkehrte“ in einer überraschenden Relation zum „Üblichen“, „Normalen“. So auch in seinen neuesten Tafeln, in denen er die Ästhetik von Comics Schritt für Schritt dekonstruiert und dabei den Handlungsablauf der zugrunde liegenden Geschichte in „Spuk“ aufgehen lässt. Rüegg setzt sich seit Jahren mit Comics auseinander, die in der Pop Art einen zentralen Stellenwert einnehmen. In seiner dritten Ausstellung in der Galerie Bob Gysin vollzieht der Künstler eine systematische „Entleerung“ seiner Vorlagen und präsentiert eine Apotheose des Klischees.

Der Ausgangspunkt seiner neuen Gemälde bildet eine in der Ausstellung eingeschlossene Comicgeschichte, die Rüegg künstlerisch nachgebildet hat. Das Neue an seiner Version dieser Geschichte besteht darin, dass sie von jeglichen Akteuren befreit ist und einzig die getreu imitierten Szenenwechsel wiedergibt. Auf zehn Blättern leuchten die schillernd bunten Bildsequenzen, die ohne Micky Mouse und Co. wie eingefroren wirken. Mit der Eliminierung der Protagonisten lenkt der Künstler die Aufmerksamkeit auf die sprunghafte Inszenierung der Handlungssequenzen. Bei der Durchsicht der Geschichte erscheint die Abfolge der Kulissen meist willkürlich. Die einzelnen Bilder werden selten durch eine kontinuierliche Blickführung, sondern meist durch spärlich wiederkehrende Motive – etwa einem Büchergestell, einem Vorhang oder einem Fauteuil - und den wiederholt eingesetzten Farbtönen verbunden. Die Comic-Streifen sind ihrer eigentlichen Aufgabe, eine Geschichte zu illustrieren, enthoben und unter der Regie des Künstlers erlangen sie eine formale Eigenständigkeit, die den Blick auf die rasante Schnittfolge und die abstrakten Darstellungselemente lenkt.

In seinen grossformatigen Acrylgemälden setzt Rüegg sein Projekt der Entleerung fort. Der plakative Stil der Comic-Strips mit seinen uniformen Flächen, der reduzierten Farbpalette und den schwarzen Konturen wird seines vielleicht prägnantesten Stilmerkmals beraubt: der leuchtenden Farben. Rüegg setzt seine Comicgeschichte in diverse Grautöne um und verstärkt so den Effekt der Ereignislosigkeit, der den einzelnen Bildsequenzen anhaftet. In der reproduzierten Comicgeschichte suggeriert die vorgegebene Abfolge der Blätter einen Handlungsablauf, auch wenn er formal und inhaltlich nicht länger nachvollziehbar ist. In konsequenter Fortführung seines Projektes und mit einer guten Portion Ironie will Rüegg die Geschichten, die sich in „Spuk“ aufgelöst haben, in der Ausstellung nun neu „erzählen“. und so bestimmt er nach freier Manier die Abfolge der grossen Bildtafeln, die jeweils eine Bildsequenz wiedergeben.

Mit spielerischer Leichtigkeit verfremdet und variiert Rüegg die klassischen Comics von Walt Disney. In seinen klein- und grossformatigen Arbeiten zeigt er die idyllische Welt von Mickey Mouse sinnentleert und lässt sie in neuem Licht aufscheinen.

Ruth Littman Leiterin Galerie Bob Gysin

Publikation zur Ausstellung: Niklaus Rüegg: Spuk (Thesen gegen den Frühling). Edition Fink, Zürich. 2004. Der Bilderband dokumentiert vier Comicgeschichten, die Niklaus Rüegg künstlerisch reproduziert hat.

Pressetext

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Niklaus Rüegg: Der Rennschlaf