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Kunst allein als persönlichkeitszentriertes Ausdrucksmittel, als Instrument der Selbstentdeckung auf metaphysischer Ebene im Sinne der Surrealisten um André Breton verstanden und akzeptiert, erleichtert sich der Umgang mit den Bildwelten des Berliner Malers Nikolaus List. Denn verführerisch laden seine unwirklichen, aber dennoch mit der außerbildlichen Realität verknüpften Szenerien und seine ornamental, bisweilen sogar orientalisch, anmutenden Motivreihungen zur bedeutungsträchtigen Interpretation, doch die Hoffnung auf eine entschlüsselbare Symbolik und narrative Bildinhalte erfüllt sich zunächst nicht.

Dabei scheinen sich wiederkehrende, grazile nackte Frauengestalten und Handformationen als humanoide Formen, Sonne, Wolken und Bäume als Naturerscheinungen, Feuer und Wasser als Naturelemente sowie Perlenketten und Turnschuhe als Anzeichen menschlicher Zivilisation zur persönlichen Ikonografie Nikolaus Lists zusammenzufinden. Durch ein stimmungstragendes meist aus der Bildtiefe hervorgehendes Licht, oftmals in Form der Sonne lokalisierbar, entwickelt List ein zugleich aggressives und betont artifizielles Kolorit, das mit einem bildbestimmenden Tonwert und in leichtem Sfumato gehalten, die surreale Wirkung dieser Motive unterstreicht. In traumartig anmutenden Sequenzen finden mittels einer Art zeremoniellem Akt Elemente wie Feuer und Sonne oder Trink- und Meerwasser wieder zusammen, wobei im Grunde unklar bleibt ob die Natur die Zivilisation nährt oder auch der Umkehrschluss möglich ist. Eine stets unterschwellige Ironie wird evident. Unabhängig davon ob sich nymphenartige Gestalten oder ihre Gliedmaße emporheben, eifrige Hände zusammenarbeiten, sich schillernde Wolken durch das Bild schieben oder ob sich mächtige Bäume imposant verschlingen und abzugrenzen versuchen, nie entbehrt das Gesamtsujet einer gewissen Dynamik. Selten ist das Individuum allein, sondern Teil einer agierenden Gemeinschaft, die List als solche betont. Selbst in den Baumbildern trifft farbbedingte Individualität auf vereinende Form oder das kollektive Schicksal der Vergänglichkeit.

Auch wenn List dem Betrachter nicht den Schlüssel zu seiner persönlichen Metaphorik liefert, scheut er nicht das kunsthistorische Zitat und offeriert individuell erschließbare Sinnbilder, die in ihren Wiederholungseffekten und bedeutungsvollen Gesten den Brückenschlag zu zeitgenössischen Gesellschafts- und Naturproblematiken ermöglichen. In diesem Sinne entfernen sich seine Bilder vom surrealistischen Ausgangsgedanken, oder gebaren sich als eine zeitgemäße, geerdete Form desselben.

Uta Ruhkamp

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Nikolaus List