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Mit Vor dem Tempel der Ungerechtigkeit präsentiert SEPTEMBER eine Werkschau mit Gemälden des Berliner Künstlers Nikolaus Utermöhlen (1958 -1996). Noch als Kunststudent gründete Nikolaus Utermöhlen 1980 gemeinsam mit Wolfgang Müller in Berlin „Die Tödliche Doris“, die bis zu ihrer Auflösung 1987 in unterschiedlichen Besetzungen als Band und Künstlergruppe agierte. Seit 1982 gehörte Käthe Kruse zur Gruppe, 1984 stieß Tabea Blumenschein dazu. Das konzeptionell ausgerichtete Werk der Gruppe besetzte alle Sparten der Kunst – von den Medien Film, Literatur und Fotografie über Performance und Video bis hin zu Malerei und Plastik. Gemeinsam mit „Die Tödliche Doris“ gehörte Utermöhlen in den frühen Achtzigern zu den Impulsgebern der Berliner Kunst- und Musikszene und führte nach der Auflösung der Gruppe 1987 bis zu seinem Tod 1996 das Konzept der Vieldeutigkeit und ästhetischen Offenheit als Einzelkünstler weiter. Als Werkschau fokussiert sich Vor dem Tempel der Ungerechtigkeit auf Utermöhlens Malerei und seine fotografischen Arbeiten: Verkleidet als malender Bohemien stellte er Bilder her, die in ihrer Modellhaftigkeit an die hölzernen Buchattrappen in Möbelgeschäften erinnerten, oder an Filme, in denen Gemälde nicht als Kunstwerke fungieren, sondern als Bestandteile einer Kulisse. Seine Arbeiten gleichen in ihrer übergrellen Farbigkeit den legendären Edgar Allen Poe-Verfilmungen von Roger Corman aus den frühen 1960er Jahren, in denen sich historische Stoffe mit Popkultur verbinden. Dass sein bildnerisches Werk noch immer Insider-Status hat, liegt auch daran, dass er nur 38-jährig an den Folgen von Aids starb und ein begrenztes Oeuvre hinterließ. Aus heutiger Sicht wirken Utermöhlens in den späten 1980ern und Mitte der 1990er Jahre entstandene Werke erstaunlich aktuell. Sie zeigen ästhetische Parallelen etwa zu Wolfgang Tillmans abstrakten Fotografien oder den Werken einer jüngeren US-Generation konzeptioneller Maler, die Appropriation mit subjektiven Gesten verbindet. Utermöhlens Gemälde wirken wie auf Leinwand ausgeführte Malerei. Grundlagen seiner Bilder sind jedoch Farbkopien, die er auf Rupfen oder Metall aufzog, um sie dann mit Acrylbinder und Pigmenten gestisch zu bearbeiten. Utermöhlens Werkzeug war der Farbkopierer, mit dem er durch Vergrößerung und Verzerrung vorgefundener Motiv-Vorlagen „malerische“ Effekte erzielte. Lange bevor Programme wie Photoshop zugänglich waren, spielte er an gewöhnlichen Kopierern mittels rechnerischer Formeln alle möglichen Farbüberlagerungen durch. Sein Werk ist dabei ebenso von poststruktureller Theorie und den Gender- und Aids-Debatten der 1990er geprägt wie von der Naturphilosophie Gustav Theodor Fechners, alchemistischem und gnostischem Denken oder der visionären Kunst William Blakes. In Kooperation mit der Zwinger Galerie, Berlin zeigt SEPTEMBER zentrale und selten gezeigte Arbeiten Utermöhlens wie etwa eine Rekonstruktion der Installation Das ohnmächtige Modell (1994) in einer von dem Berliner Künstler Henry Kleine konzipierten Ausstellungsarchitektur.

Das weitere Ausstellungsprogramm von SEPTEMBER sowie ausführliche Informationen zu den Künstlern entnehmen Sie bitte unserer Website www.september-berlin.com. Gerne können Sie uns per Mail unter office@september-berlin.com oder telefonisch unter +49-30-25930684 kontaktieren. Öffnungszeiten sind Dienstag bis Samstag von 12.00 bis 18.00 Uhr.

SEPTEMBER Charlottenstraße 1, 10969 Berlin

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With Vor dem Tempel der Ungerechtigkeit (Before the Temple of Injustice), SEPTEMBER presents a comprehensive exhibition of paintings by the Berlin artist Nikolaus Utermöhlen (1958 –1996). In 1980, together with Wolfgang Müller and while still an art student in Berlin, Nikolaus Utermöhlen founded “Die Tödliche Doris,” an artists’ group and band active in various different combinations until it disbanded in 1987. Käthe Kruse became a member of the group in 1982, and in 1984 Tabea Blumenschein joined as well. The group’s conceptually oriented work spanned all areas of art—from the media of film, literature, photography, performance, and video to painting and sculpture. Together with “Die Tödliche Doris,” Utermöhlen was a provider of impulses on the Berlin art and music scene of the early eighties; following the dissolution of the group in 1987, he continued working as an individual artist with the concepts of ambiguity and aesthetic openness until his death in 1996. The comprehensive show Vor dem Tempel der Ungerechtigkeit focuses on Utermöhlen’s painting and photographic works: dressed as a painting Bohemian, he created works whose model-like character recalls the wooden book props in furniture stores or films in which paintings are not works of art, but elements of a stage set. In their shrill coloration, his paintings resemble the legendary screen adaptations of Edgar Allen Poe by Roger Corman from the early 1960s, which blended historical material with popular culture. The fact that his visual work is still limited to insider status is also due to his early death at the age of 38 of AIDS-related complications, together with the limited oeuvre he left behind. Seen from today’s perspective, Utermöhlen’s work, which dates from the late 1980s to the mid-1990s, comes across as astonishingly current. It bears aesthetic parallels to the abstract photographs of Wolfgang Tillmans or to the works of a younger generation of American conceptual painters who combine appropriation with subjective gestures. Utermöhlen’s paintings resemble painting on canvas. The ground of his works, however, is comprised of color photocopies adhered to burlap or metal and worked over gesturally using acrylic binder and pigment. Utermöhlen’s tool was the color copy machine, which he used to produce “painterly” effects through the enlargement and distortion of found motifs. Long before programs like Photoshop became available, he employed mathematical formulas on ordinary copy machines to play through a range of possible color superimpositions. His work is marked by post-structuralist theory and the gender and AIDS debates of the 1990s as well as the natural philosophy of Gustav Theodor Fechner and the alchemical and Gnostic thinking of William Blake’s visionary art. In cooperation with Zwinger Galerie, Berlin, SEPTEMBER presents key, seldom shown works of Utermöhlen’s, such as the reconstruction of the installation Das ohnmächtige Modell (The Unconscious Model, 1994) in an exhibition architecture conceived by the Berlin artist Henry Kleine.

Extensive information on the artists and exhibition program at SEPTEMBER can be found at our website www.september-berlin.com. You’re also welcome to contact us by mail at: office@september-berlin.com or telephone at: + 49 30 616 56770. The gallery is open Tuesdays through Saturdays from 12 to 6 pm.

SEPTEMBER Charlottenstraße 1, 10969 Berlin, Germany

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Nikolaus Utermöhlen
Vor dem Tempel der Ungerechtigkeit