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Das Projekt „Body Proxy“ wurde entwickelt von Norma Jeane, in enger Zusammenarbeit mit dem Kurator Giovanni Carmine und entstand über mehrere Ausstellungsstationen hinweg. Die speziell für den Kunstverein Freiburg konzipierte Arbeit ACME Inc. ist ein Teil des Projekts "Body Proxy".

Der englische Begriff „proxy” bezeichnet, sei es nun in der Alltagsprache, in der Informatik oder in der Finanzwelt, einen Stellvertreter. Ein “proxy” ist ein außenstehender Akteur, der die Besonderheiten und Funktionen eines Subjekts übernehmen kann. Als Stellvertreter hat er die Fähigkeit und die Verantwortung – reell oder als Software –, ein bestehendes Subjekt zu ersetzen. Der Titel „Body Proxy” bezeichnet folglich ein Handlungsgebiet, ein Handlungsfeld, in welchem Norma Jeane das Ausstellungsprojekt entwickelt hat. Hier werden neuere Werke von Norma Jeane gezeigt, die man als „proxy” definieren kann: als Ausgangs- und Knotenpunkte, um über den menschlichen Körper, dessen Form und dessen Wahrnehmung im Zeitalter der information technology nachzudenken.

Besondere Aufmerksamkeit wird der Tatsache geschenkt, dass der Körper sich heute paradoxerweise zu einer abstrakten Entität entwickelt. Es scheint, als ob es das Schicksal des Körpers sei, zu einer simplen Oberfläche, zu einer gestaltbaren Projektionsfläche von Wünschen zu werden – wie wenn der Körper selbst nicht schon Potenzial und Besonderheiten bergen würde.

Deshalb will „Body Proxy” eine sinnliche und intellektuelle Erfahrung für die Besucherinnen und Besucher sein, eine Einladung, wieder mit dem eigenen Körper Kontakt aufzunehmen und sich seiner Körperlichkeit bewusst zu werden. Der Körper, der im Titel angesprochen wird, ist auch der Körper der Besucherinnen und Besucher (übrigens der einzig „sichtbare” Körper im Ausstellungsraum). Keines der Werke ist nämlich ein Ebenbild, das Teile des menschlichen Körpers zeigt oder darstellt. Und doch verweist jedes Werk auf den Körper. Sie alle hinterfragen verschiedene Aspekte der möglichen Beziehungen zum eigenen Körper – und damit zur Außenwelt.

Norma Jeane (die Künstlerin) wurde geboren, als Marylin Monroe (der Filmstar) starb: in der Nacht vom 4. auf den 5. August 1962. Dieses Datum ist von besonderer Bedeutung, da nur durch das Verschwinden des Mythos, der öffentlichen Person, die ursprüngliche Identität wiedererscheinen kann – jene private Seite, die von der Maske der Berühmtheit so lange verdeckt wurde. Durch die Übernahme fremder Persönlichkeitsdaten, unter dem Verzicht auf ein bestimmtes Geschlecht und durch die Schaffung einer Persönlichkeitserweiterung erzeugt Norma zahllose "copy and paste"-Versionen der jeweiligen Person, innerhalb derer verschiedene Charakterzüge aufeinander treffen, sodass eine Transzendierung der Person die Folge ist. Gleichzeitig wischt die Künstlerin jede Versuchung einer Heiligenverehrung, jedes biographische Zelebrieren als eines der häufigen Übel beim Sprechen über Künstlerviten beiseite. Postmodern formuliert verfügt kein Individuum über ein tatsächlich bestimmtes authentisches Selbst. Jenem Namen, der an die wohl meistfotografierte und damit meistbetrachtete Frau in der Geschichte erinnert, stellt die Künstlerin eine vollkommene physische Abwesenheit gegenüber; daher tritt Norma Jeane niemals öffentlich auf. Sie/Er ist nämlich eine körperlose Künstlerin und deshalb auch ohne private Biographie: Norma Jeane’s Biographie reicht nicht über ihr künstlerisches Curriculum hinaus. Das bedeutet aber nicht, dass Norma Jeane keine Identität hat; ihre Persönlichkeit ist im Gegenteil multipel und letztendlich über jene Personen definiert, die an der Verwirklichung der Werke teilhaben, indem sie ihre Rolle übernehmen und als proxy stellvertretende Norma Jeanes werden.

Drei Institutionen haben für Body Proxy zusammengearbeitet: das Helmhaus Zürich (Mai-Juni 2004), das Swiss Institute-Contemporary Art, New York (Februar-März 2005) sowie der Kunstverein Freiburg. Die Unterschiede der einzelnen Ausstellungen resultieren aus einem jeweils gesetzten Fokus auf besondere Aspekte, in Verbindung mit der Gaststadt.

Die interaktive Installation ACME Inc. schließt den Werkzyklus, den die Struktur des Projektes Body Proxy bildet. Durch seine immaterielle Natur gekennzeichnet, ist ACME Inc. ein Verstärker der Töne, die durch den menschlichen Körper im Raum produziert werden. Die Töne wiederum verwandeln sich in Licht, das die Stärke und Intensität der Geräusche bis zur Blendung nachzeichnen kann, wie z.B. bei einem Schrei aus voller Kehle. Der hier entmaterialisierte Körper findet dadurch wieder eine Sichtbarkeit, die durch den Willen des Publikums – getrieben, die maximale (griech. akme) Tonaggressivität zu erreichen – bis zum Übermaß gehen kann.

ACME Inc. wurde durch den wesentlichen Beitrag von Remo Clematide, defekt AG, Andreas Peitz und das Team des Kunstverein Freiburg realisiert.

Pressetext

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Norma Jeane "BODY PROXY" ACME Inc.