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Olaf Nicolais Ausstellung in der GfZK entstand in Kooperation mit dem migros museum für Gegenwartskunst in Zürich, wo Nicolai im Frühjahr 2001 Aspekte des Entertainments und Konsums in der zeitgenössischen Kunstproduktion thematisierte. Entgegen der üblichen Praxis bei Kooperationen wird in Leipzig jedoch keine klassische Übernahme der Züricher Ausstellung stattfinden. Vielmehr werden lediglich einzelne Werke, die auch in Zürich zu sehen waren, in Leipzig präsentiert, um als eine Art Schnittstelle einen anderen inhaltlichen Schwerpunkt zu markieren.

Nicolais Ausstellung in Leipzig fokussiert Aspekte der Distribution von Wissen im Zeitalter digitaler Reproduktion. Inwieweit verändert sich das System der Wissensvermittlung vor dem Hintergrund der universellen Verfügbarkeit von Informationen, welchen Stellenwert behält hierbei das gedruckte Buch, oder ergeben sich in der Zukunft spezifische Funktionsmechanismen für verschiedene Formen der Wissensvermittlung? Mit dieser Thematik unmittelbar verknüpft sind auch die Fragen nach der Distribution und dem Copyright. Inwieweit werden neue Vermittlungssysteme und Vertriebsstrukturen entstehen, und wo liegen die Möglichkeiten neuer rechtlicher Bedürfnisse?

In der Ausstellung vermischen sich diese Fragen mit Zitat- bzw. Aneignungsstrategien und unterschiedlichen funktionalen und partizipatorischen Elementen. Der Katalog zur Ausstellung wird in Form eines Readers verschiedene Texte rund um die oben genannten Fragestellungen versammeln und in den Ausstellungsräumen gedruckt werden. Hier besteht die Möglichkeit für die BesucherInnen, eigene Texte einzubringen. Die ausstellungsbegleitende Publikation wird zu einer konzeptionell eigenständigen Arbeit, deren drucktechnische Produktion – entgegen der ansonsten üblichen Praxis – in der Ausstellung selbst stattfindet und in allen Teilen vom Besucher nachvollzogen werden kann. Der Produktionsablauf des Druckes wird zum Event im Ausstellungskontext. Hier wird inhaltlich die Brücke zu Nicolais Ausstellung in Zürich geschlagen, in der performative und erlebnisorientierte Strategien auf unterschiedlichen Ebenen hinterfragt und zur Disposition gestellt wurden.

Als ein Bindeglied beider Ausstellungen dient der überdimensionierte, in Form einer “Hüpfburg” realisierte Turnschuh, der sowohl für das Aufbrechen gesellschaftlicher Bekleidungskonventionen in den 90er Jahren steht, aber gleichzeitig auch eine “Lockerung” und Amerikanisierung der Gesellschaft dokumentiert und letztlich durchaus auch als exemplarisches Symbol der gelungenen Symbiose von Lifestyle und Design verstanden werden kann. “Enjoy Survive”, die runden hypnotischen Leuchtkästen sind nicht nur aus der Werbewelt entlehnt, vielmehr kündigt der Schriftzug gleich einem Slogan von den existenziellen Dimensionen der Spaß- und Konsumgesellschaft, wie auch der sich über mehrere Räume erstreckende Wandtext über Wunsch- und Bedürfnisstrukturen reflektiert. Neben diesen Codes aus der Welt der Werbung und des Life-style finden sich in der Ausstellung aber auch Elemente aus dem Bereich der Populärkultur und der bildenden Kunst, die als Einzelteile eines kollektiven Erfahrungs- bzw. Wissenshorizonts in Form von Remixes durch den Betrachter/die Betrachterin zu einem veränderbaren System von individuellen Neuschöpfungen führt. Hierbei werden die Einzelteile, wie beispielsweise bei der Gebrauchsanweisung zum Herstellen einer Skulptur von Donald Judd, zu vorgegebenen Standards, die durch die Partizipation und die Kreativität der BesucherInnen zu neuen formalen Lösungen führen. Die dabei entstehenden “Produkte” thematisieren die Begriffe von Kreativität und eigener schöpferischer Leistung jenseits einer individuellen, sich frei definierenden Setzung. Sie verweisen darauf, dass es die “Arrangements formatierter Lebenswelten” (Nicolai) sind, aus denen sich Spielräume für Handlungen ergeben.

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Olaf Nicolai
Kuratoren: Barbara Steiner, Jan Winkelmann