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November 2008 Für Otto Dix (1891-1969), der sich im Ersten Weltkrieg freiwillig zum Kriegsdienst gemeldet hat und bei der Feldartillerie und als MG-Schütze an der West- und Ostfront zum Einsatz kam, wurden die mit erlebten und erlittenen Kriegsgräuel zu einem wichtigen Bestandteil seines frühen künstlerischen Werks.

Unter dem Titel „Zeit des Wahnsinns“ zeigt das museum kunst palast aus dem Bestand der Graphischen Sammlung das erstmals im Jahr 1924 veröffentlichte, 50 Radierungen umfassende Mappenwerk "Der Krieg". Dix zeigt den Krieg als schmutzig, grausam und blutig. Seine Schwarz-Weiß-Radierungen vermitteln die existentielle Erfahrung, die dem Menschen schmerzhaft sein Versagen als soziales Wesen vor Augen führt. Seine Kriegsbilder sind keine Heldenbilder - es sind immer auch Bilder von Krüppeln und damit Schmerzensbilder. Daher verwundert es nicht, dass dieser Radierzyklus immer wieder angefeindet wurde. "Der Krieg", so sagte Otto Dix später einmal, "ist eben so was Viehmäßiges: Hunger, Läuse, Schlamm, diese wahnsinnigen Geräusche [...]. Der Krieg war eine scheußliche Sache, aber trotzdem etwas Gewaltiges. Das durfte ich auf keinen Fall versäumen. Man muss den Menschen in diesem entfesselten Zustand erlebt haben, um etwas über den Menschen zu wissen ..." Dix schuf 50 Radierungen, die er in fünf Mappen mit jeweils zehn Abbildungen ordnete. Die Bilder tragen Titel wie "Verschüttete", "Pferdekadaver", "Leiche im Drahtverhau (Flandern)", "Die II. Kompanie wird heute Nacht abgelöst", "Toter im Schlamm", "Sterbender Soldat", "Besuch bei Madame Germaine in Méricourt" oder "Überfall einer Schleichpatrouille auf einen Grabenposten". Was in den Titeln sich andeutet, beschrieb Dix später einmal: "Ich war bestrebt, den Krieg sachlich darzustellen, ohne Mitleid erregen zu wollen, ohne alles Propagandistische. [...] Ich wollte keine ekstatischen Übertreibungen. Ich habe Zustände dargestellt, Zustände, die der Krieg hervorgerufen hat, und die Folgen des Krieges - als Zustände." Und so schuf Dix ein Abbild der grausigen Kriegswirklichkeit. Ein Horror in Dunkelheit, nur von unechten Granatlichtern erleuchtet, in dem man klaffende Wunden, Löcher in den Leibern, vermoderte Leichenteile entdeckt. Der erste Weltkrieg endete nicht mit der Kapitulation der Mittelmächte im November 1918, denn seine unmittelbaren Folgen beeinflussten das gesellschaftliche Leben in Deutschland während der gesamten Weimarer Zeit. Auch wenn deutsche Städte von Zerstörungen weitgehend verschont blieben, so litten ihre Bewohner nicht nur materielle Not. Der Krieg zersetzte ethische Maßstäbe und machte Gewalt auch im zivilen Leben alltäglich. Die Verarmung vieler Menschen war ebenso unübersehbar wie das Leid der zahllosen verkrüppelten Soldaten, lebenden Symbolen der Unmenschlichkeit des Krieges. Viele Künstler widmeten ihre Arbeit dieser weitgefächerten Misere, aus moralischer oder politischer Überzeugung. Unter ihnen gehört Otto Dix zu den bedeutendsten, weil er mit großer – bisweilen sarkastischer – Schärfe die Not des Kriegs und des Nachkriegs schilderte. In den frühen 1920er Jahren schuf er mehrere druckgraphische Serien, in denen er die Gegenwart schonungslos kommentierte.

Ergänzt wird die Ausstellung des Kriegszyklus durch die Präsentation von Dix’ Mappen „Radierwerk III“, dem Radierwerk IV „Zirkus“ mit einer Folge von 10 Radierungen sowie dem Radierwerk V von 1922 mit 6 Radierungen zum Thema „Tod und Auferstehung“. In all diesen in den frühen zwanziger Jahren entstandenen, hier gezeigten 72 druckgraphischen Arbeiten reflektiert Dix eine Gesellschaft, die durch den Ersten Weltkrieg moralisch völlig korrumpiert worden war.

Des weiteren werden zwei, ebenfalls in den frühen zwanziger Jahren entstandene Gemälde aus dem eigenen Sammlungsbestand gezeigt. Hierbei handelt es sich zum einen um das 1025 von Gert Heinrich Wollheim (1894-1973) geschaffene „Selbstbildnis in der Dachstube“ sowie Otto Dix Olgemälde „Tiere in Phantasielandschaft“ von 1923.

Kurator: Dr. Christoph Danelzik-Brüggemann

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Otto Dix
Zeit des Wahnsinns.
Druckgraphik der 20er Jahre
Graphische Sammlung
Kurator: Christoph Danelzik-Brüggemann