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Pankoks zweite für ihn bedeutende Ausstellung findet 1919 in der Kunsthalle Düsseldorf statt: „Kunstausstellung der Kriegsteilnehmer“. Im „Jungen Rheinland“ lernt Pankok die Künstler Christian Rohlfs, Heinrich Nauen und Theo Champion kennen, zudem den Galeristen Alfred Flechtheim und den Direktor des Barmer Kunstvereins Dr. Richart Reiche, der bereits die Sonderbundausstellungen in Köln und Düsseldorf mitorganisiert hatte und als einer der richtungsweisenden Förderer der Avantgarde der ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts gilt. Auch der spätere Freund Georg Meistermanns, Ewald Mataré, mit dem Pankok Bilder tauscht, gehört zu diesem Kreis. Theo Champion versteckte Jahre später Bilder Pankoks vor den Nazis.

Pankok trifft in Düsseldorf Conrad Felixmüller, Anton Räderscheidt, Franz Seiwert und Heinrich Hoerle, in der Galerie von Johanna Ey Max Ernst. Zudem lernt er Otto Dix kennen, der gerade an seinem Bild „Der Schützengraben“ arbeitet, einem Fanal gegen den Militarismus. Wie im „Aktivistenbund“ begleiten ihn hier auch seine Freunde Karl Schwesig und Gerd Wollheim.

1931 reist Otto Pankok nach Südfrankreich. Dort begegnet er erstmals Sinti und Roma, die ihn faszinieren. Zurück in Düsseldorf trifft er im „Heinefeld“ ebenfalls auf eine Gruppe von Sinti. Pankok freundet sich mit ihnen an und schafft eine Reihe von Bildern, die er ein halbes Jahr später in der Kunsthalle Düsseldorf ausstellt. Zu diesen Bildern gehört die einfühlsame Lithografie eines Sinti-Mädchens „Hoto II“, das 1937 den Nationalsozialisten in München dazu dient, den Besuchern eine Vorstellung von „Entarteter Kunst“ zu vermitteln.

Im Jahr 1933, dem Jahr, in dem das „Reichskulturkammergesetz“ die Voraussetzungen schafft, um die Künstlervereinigungen aufzulösen, trifft Pankok auf dem Monte Veritá, dem Anwesen Eduard Freiherr von der Heydts, auf Else Lasker-Schüler, die laut Gottfried Benn „bedeutendste deutsche Lyrikerin“. Er hatte sie als mit ausstellende Künstlerin in Düsseldorf kennengelernt.

Zudem beginnt er die Arbeit an seinem „Passions“-Zyklus, und sein bereits von den Nationalsozialisten gefolterter Freund Karl Schwesig wird sein Modell für den „Christus“. Unter dem Bild findet sich das Bibelzitat „Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?“, das natürlich als direkte Anspielung auf die Ereignisse nach der „Machtergreifung“ gemeint ist. Insgesamt entstehen 60 großformatige Kohlezeichnungen. Modelle sind befreundete Sinti, Roma und Juden.

Die Veröffentlichung der „Passion“ hat Konsequenzen: Die von den Schergen gefundenen Exemplare werden vernichtet. Pankok wird observiert, er erhält Ausstellungsverbot. Schließlich muss er sich verstecken. Es entstehen die Zyklen „Pogrom“ und „Ausgelöscht“. Ab 1937 werden über 50 Werke Otto Pankoks in deutschen Museen beschlagnahmt und später vernichtet.

Wie bei keinem anderen deutschen Künstler spiegelt sich in Pankoks Werk der nationalsozialistische Völkermord an den genannten Minderheiten wider. Durch seine Verbundenheit mit den Düsseldorfer Sinti wurde Otto Pankok zum künstlerischen Chronisten der an ihnen begangenen Verbrechen.

Otto Pankok gilt durch seine Ausstellungsbeteiligungen, den langjährigen Austausch mit den bedeutendsten Künstlern des Expressionismus und durch die Rezeption seiner Werke einerseits als einer der herausragenden deutschen Künstler der Weimarer Republik. Andererseits ist er einer der Vorläufer der Kunst einer neuen Generation, die gerade in Zeiten der Unterdrückung zu einer zunehmenden Hineinnahme der Lebensumstände in die Bildthemen findet, anprangert, aufklärt, widersteht.

Nach dem Zweiten Weltkrieg ist Otto Pankok durch Lehre und Werk einer der Künstler, die die Erkenntnisse und Erfahrungen aus der Vergangenheit an die nächste Generation weitergeben. 1950 entsteht sein Bild „Christus zerbricht das Gewehr“, ein Vermächtnis. Mit seiner Wirkungsgeschichte gehört Otto Pankok sicher zu den bedeutenden deutschen Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts. Kaum ist die Kunstgeschichte jemals so ernsthaft und die Kunst so folgenreich gewesen.

Für das Zustandekommen der Ausstellung ist dem Otto Pankok- Museum in Hünxe und Eva Pankok ebenso zu danken wie dem Dokumentations- und Kulturzentrum der Deutschen Sinti und Roma für den Katalog zur Ausstellung.

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Otto Pankok
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