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Der in Catania 1965 geborene Künstler lebt und arbeitet in Florenz und unterrichtet in Bologna.

Die Ausstellung trägt den Titel „Observatorium – gegen den Strom“. In ihr reflektiert der Künstler grundlegende und prägende Eindrücke seiner Heimat am Ätna, dem mächtigen, “atmenden“ Berg, dessen Lavaeruptionen die Nähe der Katastrophe unmittelbar spürbar werden lassen. Der Vulkan und die abgründige Tiefe des Meeres, die sich unter der spiegelnden, blauen Oberfläche des Meeres verbirgt, liefern den Spannungsbogen, aus dem heraus Parisi seine Arbeiten entwickelt; stets in wachsamer Beobachtung der Natur, die sich wandelt, aufbricht und wieder verschließt. Seine Malerei handelt von dieser Wirklichkeit unter der Oberfläche der realen Erscheinung.

Für seine erste Einzelausstellung in einem Museum außerhalb Italiens hat Paolo Parisi eine unmittelbar auf die Räume des Lenbachhauses bezogene Präsentation seiner Arbeit entwickelt, die die unterschiedlichen Aspekte seines bisherigen Schaffens umfasst.

Die Ausstellung beginnt mit „Come raggiungere la vetta (giardino)“ (Wie den Gipfel erreichen – Garten), 2006, einer Neuauflage der erstmals 2000 ausgeführten Arbeit, wofür die Malerei auf die Wand mit Ölfarbe aufgebracht ist. Es handelt sich dabei um Linien, die die Höhenentwicklung eines Vulkans, aus seinem Inneren heraus gesehen, darstellen. Der Betrachter befindet sich quasi in einem Inneren, dessen Wirklichkeit durch die Veränderung des Farblichtes verstärkt wird. So erläutert Parisi am Eingang und Auftakt der Ausstellung seinen Standpunkt zur Malerei: Reale Landschaft wird mittels Farbe in eine konzeptuelle Landschaft überführt. Anstelle erdiger Stofflichkeit tritt eine reflektierende Farbigkeit (mit Silber- und Aluminiumpigmenten), in der das rote Farblicht schimmert.

Im folgenden Raum geht es um Kommunikation in der Sprache der Kunst. Zwei großformatige Ölgemälde mit dem Titel „U.s.a.e u.a.a.a.“ (Uno sull’altro e uno accanto all’altro, 2004 und 2006) zeigen in einer schwarzen Rasterstruktur eine Menschenmenge, einmal von oben gesehen, das andere mal von hinten. Mit den Bildern korrespondiert eine Wand, die von kreisrunden Löchern unterschiedlichen Durchmessers durchbohrt wird, in ihrer Anordnung entsprechen sie Details einer bestimmten Konstellation von Himmelskörpern. Nach dem „Triangulum Australe“ in der rechten Hälfte ist die Arbeit benannt. Aus einigen der farbigen Öffnungen sind Töne zu hören - Geräusche aus dem Inneren des Ätna. Erst wenn man den hinter dieser Wand liegenden Raum betritt, erfährt man, um welche Art der Verbindung es Parisi hier geht. Aus dem Inneren einer Kartonskulptur erwachsen Röhren, die mit dem umgebenden Raum, aber auch mit den angrenzenden Räumen kommunizieren. Das „Observatorium“ kann betreten werden und eignet sich zum „Ausblick“, es ermöglicht außerdem, akustisch mit einem unbekannten Gegenüber im zweiten Raum in Verbindung zu treten. Skulptur, Malerei und Töne konstituieren gemeinsam den Raum.

Im dritten Ausstellungsraum zeigt Parisi zwei großformatige Gemälde mit dem Titel „Coast to Coast“, die beide in diesem Jahr entstanden sind. Eine „Ringbench“ aus Kartonschichtungen lädt den Betrachter zum Sitzen und Verweilen ein. Die Grundidee für diesen Raum leitet sich von der „Camera chiara“ her, ein Hilfsmittel, das einst die Vedutenmaler verwendeten, um möglichst genaue Ansichten zu verwirklichen. Vor dem neutralen Hintergrund nimmt das in Grau gehaltene großformatige Gemälde die Architektur auf, während das Grüne der Natur jenseits des Fensters gegenübergestellt ist. Die Malerei erweist sich so als monochromer Widerhall auf die sie umgebenden „Landschaften“. In dieses kontrollierte Ambiente führt die Maltechnik ein unkontrollierbares Moment ein. Durch die Überlagerung von Farbschichten aus Öl- und Acrylfarben breiten sich die darunter liegenden Ölfarben wie „Fettflecken“ in nicht genau vorhersehbarer Weise aus. Die so entstehende „Landschaft“ scheint von außen ins Bild zu drängen.

Im folgenden Raum steht der bereits erwähnte Raumkörper des „Observatorium“, der mit seinen „kommunizierenden Röhren“ das Thema der Verbindung, der Vernetzung visualisiert. Die „Islands“, weiße Farbflecken auf schwarzer Wand, prägen den letzen Raum. Die Flecken entstanden in ihrer Form ursprünglich mit Aquarellfarbe auf Papier und zeigen die natürliche Expansion von Farbe und ihre eigene „Grenzfindung“. In gewisser Hinsicht sind es Wiedergaben von Bergen, wobei die Farbe die höchste Erhebung markiert, die in der Ausdehnung blass werdend verläuft, ähnlich unkontrollierbar und eigenen Gesetzen folgend wie in der Natur. Im schwarzen Raum formen diese Flecken „Ausblicke“, die denen aus der Kartonskulptur „Observatorium“ vergleichbar sind.

PUBLIKATION Zur Ausstellung erscheint ein umfangreicher Katalog mit Beiträgen von Helmut Friedel, Giovanni Iovane und Sergio Risaliti. Herausgegeben von der Edizioni Periferia, Luzern, der Städtischen Galerie im Lenbachhaus, München und der Galleria Gianluca Collica, Catania.

Pressetext

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Paolo Parisi
Observatorium - Gegen den Strom