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Vernissage 5.3. 18h30

Das Kunstmuseum besitzt eine kleine aber bedeutende Werkgruppe mit Tafelbildern aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Die Werke stammen grösstenteils aus Sakral- und Profanbauten der näheren Umgebung, die im Laufe der Jahrhunderte umgenutzt, verändert oder abgerissen wurden. Die Gemälde sind demnach ihrem ursprünglichen Kontext entrissen und wirken heute als Relikte eines meist nicht mehr bekannten künstlerisch-architektonischen Gesamtkonzeptes.

Die Ausstellung zeigt Hauptwerke wie Hans Holbeins d. J. (1497–1543) Wandbildfragment des Ritters Collatinus am ehemali­gen Hertenstein-Haus von 1517 oder Martin Mosers (um 1500–1568) Holztafeln aus der Privatkapelle der Familie Pfyffer-Bell am Weinmarkt in Luzern und vermittelt mit Dokumenten und Rekonstruk­tionen deren historische Zusammenhänge. Ergänzt wird die Präsentation durch wenige Leihgaben, so werden alle jene Tafelbilder Kaspar Meglingers (1595–1670) von der Spreuerbrücke gezeigt, die sich seit der Verkürzung der Brücke am Ende des 18. Jahrhunderts nicht mehr am Originalstandort sondern im Depot der städtischen Denkmalpflege und im Kunstmuseum Luzern befinden.

Die üblicherweise als Einzelbilder ausgestellten Werke werden in ihren ursprünglichen Funktionen präsentiert, beispielsweise als beidseitige Altarflügel. Auf diese Weise kann nachvollzogen werden, dass die Gemälde nicht für die stille Betrachtung, wie wir sie heute in Museen gewohnt sind, gedacht waren, sondern als Elemente innerhalb eines liturgischen Zusammenhangs dienten. Somit wird deutlich, dass etwa die drastische Darstellung der beiden Martyriumsbilder der 10'000 Ritter und 11'000 Jungfrauen sich auf ein zentrales Motiv beziehen müssen. Es waren wahrscheinlich die „Werktagsbilder“ eines geschlossenen Altars, der an Sonntagen geöffnet wurde. Auch wenn das Mittelstück zu diesen beiden Altarflügeln verschollen ist, kann es sich aufgrund der rückseitig noch erkennbaren Figuren nur um die Heilige Sippe oder die Heilige Familie selbst handeln.

Die Ausstellung bietet die Gelegenheit, Werke von bedeutenden Luzernern wie Hans Heinrich Wägmann (1557–1628) neu zu entdecken. Durch seine Vielseitigkeit als Maler, Zeichner, Kartograph und Glasmaler hebt sich Wägmann von den zeitgenössischen und unmittelbar nachfolgenden Luzerner Malern ab. Berühmt sind neben seiner Kapellbrückenbildern vor allem seine Zeichnungen, die sich in den besten Sammlungen europäischer Museen befinden. Das Kunstmuseum Luzern besitzt von ihm zwei grossformatige Altarbilder, die sich in der Pfarrkirche St. Wendelin in Greppen befanden.

Christoph Lichtin

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Passagen und Relikte