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Bemerkungen zu Patrizio Travagli

Ubi materia, ibi geometria Wo Materie ist, da ist Geometrie Johannes Kepler

Platos Philosophie beinhaltet eine Ideenlehre von Urbildern und wurde auch als ‚Lichtmetaphysik’ bezeichnet (Thomas Rentsch). Die Geometrie hat bei Plato besondere philosophische Bedeutung. Im Timaios verband er reguläre Vielecke mit den Elementen der Natur zu einer philosophischen Ursprungslehre. Die geometrische Konstruktion dieser Vielecke stammt zwar von Theatet und Euklid, doch seit dem Timaios nennt man sie ‚platonische Körper’. Für Plato zeichnen sie sich vor allem durch ihre Symetrie, Harmonie und Schönheit aus: „Und wir werden niemandem einräumen, daß irgendwo schönere Körper als diese zu sehen sind, ein jeder seiner besonderen Gattung gemäß.“ (Timaios, 51a)

Die fünf „platonischen Körper“ sind vollkommen regelmäßige Körper, deren Oberflächen ausschließlich aus gleich großen, gleichseitigen und gleichwinkligen Vielecken bestehen. Im Timaios werden vier dieser Körper den Elementen zugeordnet, Tetraeder (Feuer), Hexaeder (Erde), Oktaeder (Luft), Ikosaeder (Wasser), der Dodekaeder wird bei Plato nicht erwähnt, er wurde erst nachträglich dem fünften Element des Äthers oder des Universum zugeordnet. Als ein sechster Körper wird gelegentlich auch die Kugel bezeichnet, die dann ähnlich wie in der taoistischen Philosophie für das Nichts steht, aus dem alles hervorging.

Patrizio Travagli bezieht sich auf Platos Timaios und Leonardo da Vincis geometrische Darstellungen in Luca Paciolis Buch De divina proportione von 1498. Daß in diesem Buch auch die um das Jahr 1000 entstandenen Schriften des andalusischen Gelehrten Ibn Khalaf al-Muradi berücksichtigt werden, zeigt für Travagli das Phänomen eines die Epochen und Kulturen übergreifenden Interesses an der Geometrie. Die „platonischen Körper“ können bei Travagli auch als Symbole einer idealen oder utopischen Gemeinschaft interpretiert werden.

Jedes der fünf Objekte, die durch Glas, Licht und Spiegelungen mehrdimensionale Aspekte eröffnen, hat die Abmessungen einer imaginären Kugel von 70 cm Durchmesser. Diese unsichtbaren sphärischen Kugeln erinnern als ‚Nobjekte’ (Thomas Macho) auch an Peter Sloterdijks Philosophie der Sphärologie, die indirekt ebenfalls von Plato inspiriert wurde.

Peter Keicher*

* Dr. Peter Keicher Studium der Philosophie an der Universität Karlsruhe UniversiteParis VIII - Vincennes a Saint-Denis Universität Wien

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Patrizio Travagli
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