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Die Ausstellung „Personal Affairs. Neue Formen der Intimität“ untersucht den Umgang von jüngeren Künstlern mit dem Thema Intimität. Sie sind nicht nur mit einer umfassenden Medienlandschaft konfrontiert, sondern zugleich mit dem strategischen Erbe der Postmoderne, deren Verwertungsstrategien stärker auf das Mittelbare als auf unmittelbare Nähe gerichtet waren.

Öffentliche Intimität ist heute kein Widerspruch mehr: Sie scheint in den Werken von Nan Goldin auf, die den Suizid ihrer Schwester als Familiengeschichte erzählt. Die Familie, der intimste Rückzugsraum des Menschen, hat seine sphärisch bindende Kraft verloren und erscheint jetzt als Traumawerkstatt.

Der Fotograf Wolfgang Tillmanns dagegen berichtet von den modernen Neugründungen von Familie als Community. Kreise, denen der Künstler angehört, Modezirkel, gay communities, Festivalbesucher, entwickeln im Zusammenspiel mit dem Künstler eigene Formen von Ausdruck und Kreativität, die das Dokumentarische weit übersteigen.

Künstler wie Tobias Rehberger spielen mit diesem mehr oder weniger uneingestandenen Bedürfnis. Rehberger etwa hat die Kleidung von italienischen Prominenten zu einem schlichten Vorhang umarbeiten lassen, der im Ausstellungsraum aufgehängt wird. Inwiefern kann das Publikum anhand dieser Spuren an den Berühmtheiten selbst teilnehmen? Welche Aussagekraft besitzen die Kleidungsstücke, und wird ihr Reliquiencharakter durch die neue Form bestätigt, gesteigert oder zerstört?

Die Künstler der Ausstellung „Personal Affairs“ thematisieren kaum mehr ihre eigene Intimität, sondern verarbeiten viel häufiger die intimen Äußerungen dritter Personen. Sie sind sich im Vergleich mit den beschaulichen bis kämpferischen Positionen der Vergangenheit ihrer komplexen Rolle als Vermittler zwischen den Sphären bewusster geworden. Dabei dokumentieren sie, greifen ein, parodieren und nutzen das Verborgene zur politischen Aussage. Auch der Unterschied zu den postmodernen Strategien der 70 und 80er Jahre des 20. Jahrhunderts wird in der Gegenüberstellung deutlich: Setzten die Vorgänger Reproduktionsmedien wie Fotografie und Film noch ein, um eine Aussage über den selbstbezüglichen Charakter der Kunst zu gewinnen, bilden diese Medien nun eine sichtbare Schnittstelle zwischen Öffentlichkeit und Intimität. Sie fungieren wie ein Schirm, der die ambivalente Position des Künstlers verdeutlicht und helfen ihm dabei, den schwierigen Balanceakt zu meistern.

Pressetext

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Personal Affairs
Neue Formen der Intimität
Kurator: Markus Heinzelmann

mit Laurenz Berges, Andrea Bowers, Matthew Buckingham, Tracey Emin, Peter Friedl, Nan Goldin, Felix Gonzales-Torres, Douglas Gordon, Stefan Kern, Jonathan Monk, Piotr Nathan, Peter Pommerer, Tobias Rehberger, Anri Sala, Bojan Sarcevic, Markus Schinwald / Oleg Soulimenko, Michael Schrattenthaler, Wolfgang Tillmans, Costa Vece, Johannes Wohnseifer, Haegue Yang, Artur Zmijewski