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Wir alle haben mit inneren Widersprüchen zu kämpfen – dies gilt auch für Peter Feiler (*1981, Halle an der Saale) und dies zeigt er in seiner dritten Einzelausstellung mit dem Titel “Gruppenausstellung Peter Feiler” auf eine ganz besondere Weise. Seine Arbeiten bewegen sich meist auf der Grenze zwischen Witz und Horror, doch diesmal zeigt der Künstler nicht ausschließlich Arbeiten, die sich mit dem zentralen Thema der Abgründe des menschlichen Seins beschäftigen. Peter Feiler bannt seine kritische Sicht auf die Gesellschaft mit Schärfe, Kompromisslosigkeit und verschiedenen Techniken auf Papier und Leinwand. Dabei legt er besonderen Wert auf die surreale Montage konkreter gesellschaftlicher Inhalte und der damit in Verbindung stehenden politischen Persönlichkeiten.

Im Mittelpunkt der Ausstellung steht die 450 x 390 cm große Papierarbeit “Das Narrenschiff im Terrorstrom”, die unsere Gesellschaft als ein dem Untergang geweihtes Schiff darstellt. Von Politikern, Managern und Bankern bevölkert, stürzt es unwiederbringlich auf einen Abgrund zu. Menschlicher Abschaum verwandelt sich dort währenddessen in einen Rattenstrom, der durch transparente Schläuche das Heil in der Flucht nach oben und in die Gunst der Politiker sucht. Parallel dazu illustriert Feiler die negativen, manischen Aspekte eines zum Industrieprodukt degradierten Geschlechtsakts und der Verwandlung des Menschen in einen willenlosen Irren. Es wimmelt überall von nackten Leibern, offenen Wunden, von zugleich abstoßenden und faszinierenden Details, von Gier, Geilheit, Selbstverletzung und der psychotischen Lust an Schmerz und Zerstörung – ein Porträt der Schattenseiten der menschlichen Seele und der Abgründe unserer Gesellschaft.

Durch das ungewöhnliche Medium Buntstift relativiert Peter Feiler seine Grotesken mit einer pastellartigen Farbigkeit und somit einer fast unschuldig-kindlichen Patina, die in starkem Kontrast zu den oft pornografischen Posen mancher seiner Protagonisten steht. Der Betrachter wird von der teils sanften Farbgebung und der filigranen Ausführung der übergroßen Blätter in den Bann ihres Detailreichtums gezogen, nur um dann mit der vollen Brutalität der schwärzesten Seite der menschlichen Seele konfrontiert zu werden.

Das epische Ausmaß der Erzählweise führt zu einem verwirrenden Geflecht unterschiedlichster Zusammenhänge und Bruchstücke. Feiler bietet keine konkrete Leserichtung an und zwingt den Betrachter, sich auf die Komplexität, die Verknotungen und grotesken Details einzulassen.

Die Besonderheit dieser Ausstellung liegt darin, dass dieses Geflecht auch auf weitere Arbeiten übergreift und zu einer mehrfachen Verstrickung des Betrachters führt. Er muss sich zwischen detailreichen Zeichnungen, plakativen Eddingarbeiten und einer fotorealistischen oder zunächst romantisch anmutenden Malerei zurechtfinden. Die Fülle der Themen reicht von orgiastischen Szenarien über außenpolitische Geschehnisse unserer Gegenwart bis hin zu gattungskritischen Ansätzen. Wenn Feiler nämlich einen Zeitungsausschnitt über die großzügige Bildspende Gerhard Richters in fotorealistischer Manier wiedergibt, dann ist dies sicherlich nicht nur als Kritik an den terroristischen Machenschaften des 11. September, sondern auch an der intellektualisierten Egomanie einzelner Künstler zu verstehen.

Die Arbeit “Optionen” hingegen spricht den Betrachter zunächst auf eine seltsame Art und Weise an, lässt ihn sich dann wiederum ungläubig abwenden. Peter Feiler zeigt hier eine weitere Facette seines Werkes indem er aus dem 1840 entstandenen Gemälde “Jesus mit seinen Jüngern” von Ferdinand Olivier, einem wichtigen Vertreter der Nazarener, den rechten Bildausschnitt herausgreift und anhand des scheinbar harmlosen Landschaftsausschnitts ein fast psychedelisches Beklemmungsgefühl beim Betrachter auslöst. Um Grauen zu erzeugen, ist die eigentliche Darstellung des Grauens also gar nicht unbedingt nötig, doch die vermittelten Gefühle des Schreckens und der Fassungslosigkeit sind es, die alle Arbeiten der „Gruppenausstellung“ um Peter Feiler miteinander verbinden.

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Peter Feiler
Karzinome