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„Posierende Frauen, ertappte Frauen, befangene Frauen und Frauen als ahnungslose Objekte, dem Maschinenblick der Massenmedien ausgesetzt, abwesende Frauen, deren verlassene Quartiere unseren frustrierten Blick zurückwerfen: es sind Variationen eines dämonischen Spektakels von Sehen und Gesehenwerden.“

(Dieter Roelstraete: Piller Porn. Notizen zur digitalen Schaulust, in: Archiv Peter Piller. Materialien (G). Albedo, S. 30)

Capitain Petzel freut sich, die zweite Einzelausstellung von Peter Piller präsentieren zu können. Für Bereitschaftsgrad hat er drei neue Werkgruppen produziert, in denen er den Fokus auf weibliche Objekte der Schaulust fortführt. Hat Piller mit früheren Arbeiten die posierenden Frauen in den digitalen Medien untersucht, findet er diese nun in der analogen Lebenswelt.

Die Arbeiten der Serie Bereitschaftsgrad, die der Ausstellung ihren Namen gibt, knüpfen an die 30 Arbeiten des Werkblocks Umschläge von 2011-2012 an. Während Peter Piller dort die Coverseiten des NVA – Magazins Armeerundschau aus mehr als zwanzig Jahrgängen (1960er bis 1980er Jahre) untersucht, isoliert, den Text entfernt und in zweiteilige Wandbilder transformiert hat, wendet er dieses Prinzip bei Bereitschaftsgrad nun auf die Innenseiten der Zeitschrift an. Die sich gegenüberstehenden Motive von Frauen und Soldaten in unterschiedlichen Situationen treten anhand des Fehlens des Textes in einen Dialog und kreieren so auf spielerische Weise einen neuen Zusammenhang.

Kontextverschiebungen durch Entfernen der Textteile sind auch bei den großformatigen Arbeiten der Serie Erscheinungen auszumachen. Auf unzähligen Autofahrten zwischen Hamburg und Leipzig hat Peter Piller die relativ seltenen LKWs mit Werbeabbildungen von posierenden Frauen gefunden und auf Autobahnraststätten und an Tankstellen fotografiert. Er hat die typografischen Elemente dieser LKW-Rückseiten entfernt und nur das Motiv der Frau, nunmehr kontextlos sichtbar gelassen. Die dargestellten Frauen wirken ihrem begleitenden Werbeslogan beraubt, verloren und deplatziert.

In den zwei Serien Unterschriften #1 und Unterschriften #2 dreht Peter Piller das Verhältnis

von Schrift und Bild und deren Fernbleiben um. Die Motive der Unterschriften sind verschiedenen Centerfolds des Magazins Playboy entnommen und auf deren typisches Format gebracht. Als Poster, welches ein Bild des jeweiligen Playmates des Monats zum Herausnehmen bietet, sind sie das Herzstück eines jeden Playboy Magazins. Anhand der Bildausschnitte werden die Playmates durch ihre Signaturen ersetzt und trotz des offensichtlichen Fehlens der eigentlichen Subjekte der Serie durch die Unverwechselbarkeit ihrer Autogramme personalisiert und gleichzeitig, dem ur- sprünglich sexuell aufgeladenen Umfeld entzogen, neutralisiert.

Das Archiv Peter Piller, welches zu einem großen Teil aus Abbildungen deutscher Regionalzeitungen besteht, enthält mehr als 100 Sammelgebiete, die Pillers ursprüngliche Suche nach dem absichtslos ästhetischen und besonderen Bild inhaltlich vielschichtig widerspiegelt.

Seit 1998 arbeitet der Künstler an seinem Archiv Peter Piller, das sich mit der Re-Interpretation und Re-Präsentation von bereits in anderen Zusammenhängen publizierten Bildern und Bildarchiven befasst.

Er verwendet bislang für seine künstlerische Arbeit neben den Abbildungen aus Regionalzeitungen auch Fotografien eines kommerziellen Luftbild-Archivs, Bilder aus dem Internet oder aus dem Nachlass einer niederländischen Werkszeitung, genauso wie Dokumentationsfotos von Schadensfällen einer Schweizer Versicherungsgruppe.

Peter Piller überführt das unterschiedliche Material daraufhin in eigene Ordnungssysteme, die ermit gefundenen und erdachten Titeln benennt. Ein weiterer wichtiger Bereich seines Werkes

bilden seine Zeichnungs-Konvolute (Bürozeichnungen, Peripheriewanderungen) und zahlreiche Künstlerbücher. Piller reflektiert, genau beobachtend und mit subtilem Humor, das Potential medialer Bilder und die Möglichkeiten und Grenzen der Foto- und Konzeptkunst.

Peter Piller (*1968) studierte an der Hochschule für Bildende Künste in Hamburg und ist seit 2006 Professor an der HGB Leipzig.

Er erhielt unter anderem den Edwin Scharff-Preis der Kulturbehörde der Hansestadt Hamburg (2011), den Ars-Viva-Förderpreis des Bundes Deutscher Industrie (2004), den Rubens-Förderpreis der Stadt Siegen (2003) sowie den Albert-Renger-Patzsch-Preis der Dietrich Oppenberg-Stiftung Essen (2003).

Die umfassende Einzelausstellung „Belegkontrolle“ war 2014 im Fotomuseum Winterthur und im Centre de la Photographie Genève zu sehen, mit weiteren Stationen in der Städtischen Galerie Nordhorn und der Kunsthalle Nürnberg in diesem Jahr. Weitere wichtige Einzelausstellungen fanden u.a. im Kunstverein Braunschweig (2011), im Kunstmuseum Bonn (2009), im Kunsthaus Glarus (2007), dem Witte de With Center for Contemporary Art Rotterdam (2005/2006) und im Museum für Gegenwartskunst Siegen (2003) statt. Peter Piller veröffentlichte im Verlag Revolver Publishing

die 10-bändige Künstlerbuchreihe Archiv Peter Piller sowie weitere Künstlerbücher und Kataloge.