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Vernissage: Samstag, 07.07.2007, 19 Uhr Finissage Samstag, 18.08.2007, 18 Uhr

Der vielteilig-versponnene und anspielungsreiche Bilderkosmos des Braunschweiger Künstlers Phillip Maiwald (geb. 1973) entsteht aus einer Überkreuzung dispositionaler Bezugnahmen auf maßgeblich zwei gleichzeitig existierende Realitäten: die Ideenwelt indigener Ursprungsmythen und die Zeichenwelt amerikanischer Populärkultur. Letztere ist das Medium von Phillip Maiwald in einem doppelten Sinne: sie stellt das Ausgangsmaterial und Formenrepertoire seiner Zeichnungen, Wandbilder, Skulpturen, Fotografien und Texte und ist zugleich der Filter, durch den erstere erkennbar werden. Schablonenhaft überzeichnet, grotesk verzerrt, dekorativ stilisiert, verniedlicht, verkitscht, idealisiert, aber in besonderer Weise wirkmächtig.

Die Totempfähle, Traumfänger, Bisons, kulleräugigen Erdnüsse und Erbsen, astronomischen Symbole mit ihren Widergängern in Form von Comicdarstellungen, Piktogrammen und Logos bilden die Versatzstücke eines Puzzlespiels, das sich nur auf formaler Ebene zu einem lückenlosen Weltbild schließen läßt und dessen offensichtliche Diskrepanzen eine Sprechblase zwar bisweilen vermerkt, aber entweder auf den einfachsten Nenner reduziert oder gleich mit dem Trotz des gekränkten Kindes zurückweist. Maiwalds Arbeiten lassen sich als von der Zeichnung zur Rauminstallation erweiterte Karikaturen lesen: es sind komplexe humoristische Zerrbilder, die gleichermaßen persönlich wie politisch sind und in einem freien Spiel mit den Zeichen-Oberflächen den Raum tiefer liegender Bewußtseinsinhalte und Überzeugungen erschließen, die eine bestimmte Phase der Zivilisation kennzeichnen: In unseren Bild- und Vorstellungswelten sind wir alle, so scheint es, nicht allein durch unsere Sozialisierung mit den Produkten der US-amerikanischen Kulturindustrie „Natives“, in ihrer kindlichen Einfalt irgendwie auch liebenswerte moderne Naive.

Maiwalds Arbeit steht repräsentativ für die Auseinandersetzung einer Generation junger zeitgenössischer Künstler mit traditionellen mythologischen und kosmologischen Weltbildern im Kontext populärkultureller Bildwelten. Aus der Graffiti-Szene kommend studierte er von 1999 bis 2006 an der Kunstakademie Braunschweig bei Walter Dahn (Meisterschüler) und ist Mitarbeiter des Rudolf Steiner Archivs in Dornach bei Basel.

Für die Ausstellung in der Simultanhalle realisiert Phillip Maiwald eine Rauminstallation szenisch-narrativen Charakters, deren Grundgerüst eine in Zickzack-Linien durch den Raum verlaufende Strasse in schwarz und weiß bildet. Als weitere Form dominiert ein permanent in der Halle installiertes Podest, das zur verschachtelten Tribüne ausgebaut ist. In dieser angedeuteten Landschaft finden sich Szenarien, die an die Welt der Märchen und Mythen anknüpfen, formal jedoch dem Bereich der Comics und der Alltagswelt entstammen: Vor dem Auge des Betrachters entfaltet sich ein vordergründig freundlicher und verspielter Kosmos anthropomorpher Wesen, der trotz seiner humorvollen Installation immer wieder in Untiefen und Abgründe zu führen scheint.

Philipp Goldbach

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Phillip Maiwald
MEIN LIEBLINGSTIER IST MENSCH