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Vom 20. September 2019 bis 5. Januar 2020 präsentiert das Kunsthaus Zürich Skulpturen und Arbeiten auf Papier aus der Privatsammlung von Hubert Looser.

Neben 70 Werken des Surrealismus, des Abstrakten Expressionismus, der Arte Povera und der Minimal Art überraschen einzelne Positionen der Pop Art und der Klassischen Moderne. Über das Spiel von Linien und Texturen, die sich auf dem Zeichnungsblatt ergeben, kommt der Betrachter der Präsenz der Skulpturen im Raum näher.

Eines der frühesten und bedeutendsten Werke der Looser-Sammlung ist eine grossformatige Zeichnung von Arshile Gorky. Im osmanischen Reich geboren, musste Gorky 1920 in die USA auswandern und setzte sich in der Folge namentlich mit den Surrealisten auseinander. Das Blatt in der Looser-Sammlung, ein Hauptwerk, ist wohl eine der bedeutendsten Zeichnungen der 1930er-Jahre in Schweizer Besitz. Mit einer einzigartigen Darstellungsweise kombiniert Gorky hier figürliche und abstrakt-biomorphe Elemente. Von Picassos Recherchen inspiriert, scheint er dabei zugleich auch schon Elemente einer Abstraktion vorwegzunehmen, wie sie in den USA erst viel später mit Jackson Pollock Fuss fassen wird.

GEMALTE ZEICHNUNG IM RAUM
Der in Europa wenig bekannte Bildhauer und Zeichner David Smith – einer der Väter der amerikanischen Kunst des 20. Jahrhunderts und Pionier der eigenständigen amerikanischen Bildhauerei – verbindet Elemente des Surrealistischen mit freien Formen, wie sie für den amerikanischen Blick auf die Möglichkeiten der Moderne kennzeichnend ist.

Eine berühmt gewordene Skulptur lenkt den Blick nach Europa: Pablo Picassos «Sylvette» von 1954. Sie besteht aus ausgeschnittenem Metallblech, das mit Ölfarbe bemalt wurde, und ist eine (gemalte) Zeichnung im Raum. Der spielerische Umgang mit Form und Material, der darin sichtbar wird, überrascht. In der Ausstellung zeigt «Sylvette» aufs Glücklichste die direkte Kombination des Zeichnerischen mit dem Skulpturalen.

Ein weiteres skulpturales Hauptwerk ist Willem de Koonings «Head» von 1973. In den Niederlanden geboren, wurde de Kooning zu einem der wichtigsten Künstler der amerikanischen Kunst nach dem Zweiten Weltkrieg. Dabei entfernte er sich nie komplett vom Thema der menschlichen Figur. Mit «Head III» wird der Kopf des Menschen nicht abgebildet, sondern aus der Wucht der skulpturalen Arbeit heraus als haptisches Ereignis neu erfunden.

UMRISSE VON HUNDEPFÜTZEN
Neuartig und beeindruckend wirken auch die Arbeiten des 1948 geborenen US-amerikanischen Künstlers Al Taylor. Taylor hat nicht zwischen seinen zwei- und dreidimensionalen Kompositionen unterschieden und stattdessen von Zeichnungen im Raum gesprochen. Seine «Hanging Puddles» (hängende Pfützen) sind abstrakte Linien aus Stahlbändern, die sich allansichtig im Raum ausbreiten. Für die Serie «The Peabody Group» übertrug Taylor Umrisse von Hundepfützen von städtischen Gehsteigen mit Tinte und Farbe auf Papier und transformierte sie damit zu Kunst.

POETISCHER MINIMALISMUS
Eine wichtige neuere Position in der Ausstellung vertritt die amerikanische Künstlerin Roni Horn. Ihre Zeichnungen sind subtile kartografische Aufnahmen des Selbst oder auch der Elemente. Die mitunter grossen Blätter sind Patchwork-Arbeiten, die Horn mit Pigment und Stift zunächst zeichnet, um sie dann zu zerschneiden und neu zusammenzusetzen. Von fern betrachtet wirken sie eher wie abstrakte Muster, aus der Nähe erwecken sie den Eindruck von architektonischen Konstrukten. In ihrer zarten, fast zerbrechlichen Schönheit sind diese Zeichnungen von einem poetischen Minimalismus geprägt.

ESSENZIELLE ELEMENTE DER MODERNE FÜR DAS ERWEITERTE KUNSTHAUS
Die Ausstellung macht Wesentliches über die Zwiesprache von Zeichnung und Skulptur in der Moderne erfahrbar. Das ist nur eine der Stärken der Sammlung Hubert Looser, die sich optimal in die Auffächerung der grossen, wichtigen Stränge der europäischen und amerikanischen Moderne einreihen lässt, wie sie im Kunsthaus angestrebt wird. Eine im Jahr 2018 erneuerte Kooperation garantiert auf 20 Jahre die Präsenz von 70 Gemälden, Skulpturen, Installationen und Zeichnungen in der Ende 2020 fertiggestellten Kunsthaus-Erweiterung. Die aktuelle, temporäre Präsentation, die zuvor in Krems gezeigt wurde, gibt einen inspirierenden Vorgeschmack auf kommende Begegnungen zwischen dieser privaten Kollektion und der öffentlichen Sammlung des Kunsthauses.

KATALOG
Der Katalog zur Ausstellung ist für CHF 20.– am Kunsthaus-Shop erhältlich – mit einem Beitrag von Florian Steininger, Künstlerischer Direktor der Kunsthalle Krems, und über 150 Abbildungen.