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Pierre KLOSSOWSKI und Rade PETRASEVIC - Eros und Beelzebub

Freitag, 5. Juni, 12-21 Uhr
Samstag, 6. Juni, 12-18 Uhr

Ausstellungen bis 1. August 2020

"Ich bin ein Manischer," hat Pierre Klossowski, Philosoph, Schriftsteller, Zeichner und vieles mehr einmal geschrieben. "Jedes meiner Werke, welches es auch sei, hat am Ursprung eine Manie." Ein Befund, der in einer veränderten existentiell-gesellschaftlichen Gemengelage auch für Rade Petrasevic zutreffen dürfte. Beide Künstler stellen sich dem Körper, sowohl unter den Bedingungen seiner Integrität wie auch jenen der Verstümmelung, verhandeln Gegenwart und Abwesenheit des Erotischen und die Mysterien von Geheimnis und Gewalt. In zwei Arbeiten von Klossowski im Rahmen dieser Ausstellung ist, zart hingetupft und in delikat ausgebleichter Farbgebung, Roberte zu sehen, seine Chiffre für das enigmatische Weibliche, dem die Lust aufgezwungen wird und das mit Schweigen repliziert. Hier inkarniert sich die Vorstellung des Künstlers, dass "der Fleischesakt stets die Vorstellung des Bösen einschließt." Eine weitere Zeichnung trägt den Titel "Socrate interrogeant le jeune Charmide" und zeigt den Kopf des Philosophen zwischen den Beinen des jungen Mannes nahe seinem Geschlecht - ein wenig wie das abgeschlagene Haupt des Johannes, das Salome auf einem Silbertablett serviert wird.

Klossowskis Ansatz, "dass die Formen der wollüstigen Emotion eine zugleich geheime wie tragische Verbindung zu der anthropomorphen Erscheinung der Ökonomie und des Tausches verraten" wird von Rade Petrasevic, wenn auch mit anderen künstlerischen Darstellungsmitteln und einem anderen Narrativ aufgenommen und weiterdekliniert. In seinen neuen Arbeiten, die hier im Dialog mit Klossowski stehen, ist die Palette im Vergleich zu früheren farbintensiven Werken deutlich reduziert. Es dominieren wenig Töne, mal rot, mal blau, mal grün vor schwarzem oder hellviolettem Hintergrund. Motivisch bleibt Petrasevic teilweise dem Stilleben treu, wobei sich in die auf Tischen arrangierten Objekte manchmal Vanitas-Memorabilien wie Totenschädel und abgeschlagene Füsse mischen. Andere Bilder zeigen in groben Strichen ausgeführte schwarze Körper - wobei schwarz hier keine Rassenzuschreibung meint, sondern eine koloristische Manier, die den Arbeiten eine durchaus metaphorisch zu verstehende ´noir`- Tönung unterschiebt. Ohne dass dies explizit zum Ausdruck gebracht würde, schwingt hier die Fetischisierung des Leibes mit:

Er wird in seiner Vielgestalt zwischen Submission, Vulnerabilität und hingeschlenzter Lässigkeit zur Währung und zum Emblem, mit dem ein symbolischer Tausch vollzogen werden könnte - oder der Tod ins Auge gefasst wird. Ein Oszillations- und Halluzinationsspiel zwischen Sex, Satire, Schmerz und tieferer Bedeutung, das beide Künstler mit den ihnen je eigenen Mitteln zur szenographischen Darstellung bringen. Oder in den Worten Klossowskis: "Als Simulacrum ist das Phantasma fortpflanzungsfähig."
(Thomas Miessgang, 2020)