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Kunst, Architektur und Design formulieren bei der ästhetischen Organisation von Lebensraum immer eine Vision der Gesellschaft mit. Jedes Produkt formaler Gestaltung verkörpert die Utopie eines Raums, in dem es idealer Weise erscheinen kann. Dieser abstrakt entworfene Raum ist zugleich immer ein politischer Raum, der bestimmte Ordnungen, Werte und Beziehungen zwischen Menschen impliziert. Das Interesse der Ausstellung Provisorisches Yoga gilt diesen Räumen. Sie fragt nach der Verbindung von gebauter Umgebung zu den durch sie formulierten Ideen und Programmen. Welcher Zusammenhang besteht zwischen Wohnraum und Gesellschaft? Welche Art von Verhältnis kreieren die Gestaltenden zwischen ihren Produkten und dem Leben der Benutzer? In Auseinandersetzung mit dieser Frage werden verschiedene Konzepte von Umgebung, Oberfläche und Ausstattung durch die Künstlerinnen und Künstler der Ausstellung entfaltet.

Der Titel der Ausstellung Provisorisches Yoga ist Result des Versuchs, zwei widersprüchliche moderne Denkfiguren miteinander zu kombinieren, wie sie in der Ornamentdebatte zu Anfang des 20. Jahrhunderts sichtbar wurden. Während Adolf Loos schrieb, dass die Evolution der Kultur „gleichbedeutend mit dem Entfernen des Ornaments aus dem Gebrauchsgegenstande“ sei, hat Sigfried Kracauer wiederum das Potenzial des Ornaments für den individuellen Spielraum und die Improvisation betont; entgegen totalitärer Logik moderner Architektur und ihren ökonomischen Einschreibungen. Anhand ihrer öffnet sich ein Feld, das letztlich der Frage nach dem Ort und der Funktion von Kunst in der Gesellschaft gewidmet ist: wie sieht das ideale Verhältnis von Gestaltung und Gesellschaft, von Form und Lebensform aus? Diese Perspektive lenkt den Blick auch auf den Aspekt der Autorität von Gestaltung, der im 20. Jahrhundert als Ambivalenz der Moderne zwischen Emanzipation und Kontrolle sichtbar geworden ist.

Die Ausstellung fragt nach den Spielräumen innerhalb eines definierten Sets von Bewegungen, Formen und ihren Versprechen. Im Mittelpunkt dieser Thematik steht auch der Körper und seine Bewegung in den gebauten Umgebungen und ihren Programmen. Es geht um die Möglichkeit der Gestaltung des sozialen Raums, des gesellschaftlichen Lebens und dessen Erneuerung als einer Choreografie, die sowohl auf Momenten der Festschreibung als auch der Auflösung basiert. Die Ambivalenz des Titels verstehen wir wie die Möglichkeit einer unvorhergesehenen Bewegung innerhalb einer Turnübung, oder auch als eine spielerische Ergänzung des gegebenen Planungsstandes einer Architektur, kurz: als die Möglichkeit situativen Handelns und von Veränderung innerhalb definierter Kontexte.

Künstler: Henning Bohl (DE), fabrics interseason (AT), Michaela Meise (DE), Jesper Nordahl (SE), Sofie Thorsen (AT), 'Studio Ene Ammer' (EE) Ausstellungseröffnung: Samstag, 26. September um 13 Uhr Ausstellungsdauer: 26. September – 19. Dezember 2009 Kuratoren: Mari Laanemets & Søren Grammel Koproduktion steirischer herbst 09

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Provisorisches Yoga
Kuratiert von Sören Grammel & Mari Laanemets

Künstler: Henning Bohl, Fabrics Interseason , Michaela Meise, Sofie Thorsen, Studio Ene Ammer