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„Die Reaktionen variierten zwischen dem verständnislosen Anstarren moderner abstrakter Werke und dem lebhaften Interesse an dem lebensgroßen Marmorakt einer griechischen Sklavin.“

Mit diesen Worten beschreibt die New York Times in dem Artikel „Checking The Tires, Not to Mention The Marble Nude“ den Besuch von Taxifahrern im Newark Museum, New Jersey. Eine PR-Aktion des Museums, bei der die Fahrer, während der technischen Inspektion ihrer Taxen nicht nur zur Ausstellung, sondern auch zu einem kostenlosen Mittagessen eingeladen wurden. Ein Zeitungsausschnitt mit diesem Artikel ist Ausgangspunkt für Rachel Harrisons erste Einzelausstellung in der Galerie Christian Nagel, Köln. Eine zum Text gehörende Abbildung zeigt ordentlich geparkte, gelbe New Yorker Taxen in minimalistischer Reihung. Auf einer größeren Abbildung ist die im Gegenlicht erstrahlende Marmorskulptur einer griechischen Sklavin zu sehen, die von einigen Taxifahrern umringt und betrachtet wird. Die Skulptur, ein Werk des Künstlers Hiram Powers wurde 1851 auf der „Great Exhibition“ in London gezeigt. Bereits drei Jahre zuvor hatte die Nacktheit der Dargestellten während einer Ausstellungstournee durch amerikanische Städte einen Skandal beim amerikanischen Bürgertum ausgelöst, welcher die Skulptur zu einer Berühmtheit machte. Wer in dieser komplexen Verkettung von Umständen und Bildern Objekt und wer Subjekt möglicher Blickregime ist, ist nicht ganz einfach zu sagen. Klar ist, dass der Artikel allein farblich phantastisch zu der angrenzenden Anzeige passt, welche mit einem glamourösen Fotomodell für eine Herbstkollektion wirbt.

Im vorderen Raum der Galerie zeigt Harrison eine überdimensionierte Kopie dieses Zeitungsausschnitts gemeinsam mit einer Skulptur, die aus einem abstrakten weißen Körper besteht. Darauf ist ein kleiner Reifen mit einigen Blumenstielen wie ein Hut montiert. Mit zwei Zimmerduftsprühdosen teilt sich die Skulptur eine Art Sockel, an den Harrison diverse Zeitungsseiten und Bilder geheftet hat. Zeitungsausschnitte und gefundene Fotografien von berühmten Personen sind wichtiger Bestandteil von Harrisons Arbeiten. Insgesamt zeigt die Künstlerin sieben Skulpturen, in denen diese Elemente zum Teil wiederkehren. Auf dem Weg durch die Galerie wird der Besucher zunächst aber von der Videoprojektion eines Froschs aufgehalten, der ausdruckslos seinen natürlichen Lebensraum anstarrt.

Den hinteren Ausstellungsraum bevölkern ausschließlich Harrisons Skulpturen. In etliche von ihnen sind Ready Mades integriert, wie z.B. ein Ikeatisch, ein Kissenbezug, zwei Dosen mit Raumsprays oder ein Scanner. Andere Skulpturen zitieren derartig eindeutig die Moderne als Gemeinplatz, dass sie den Ausstellungsbesucher unmissverständlich daran erinnern, wo er sich befindet. So beispielsweise eine Arbeit mit dem Titel „Black Painting,“ 2006, die zwar lose an ein Quadrat erinnert, dessen Oberflächengestaltung aber eher den Duktus des abstrakten Expressionismus aufweist. In einer Seitenfalte versteckt befindet sich ein Foto von Besuchern des Musée d’Orsay in Anbetracht von Courbets „Ursprung der Welt“.

Anja Dorn

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