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KUB Arena

Ab Juli 2010 wird das Programm der als Kunst- und Vermittlungsplattform konzipierten KUB-Arena noch deutlicher als bisher aktiviert und erweitert. Dabei geht es weniger darum, einen zusätzlichen Raum für die klassische Präsentation zeitgenössischer Kunst zu schaffen als vielmehr einen Ort der Verhandlung experimenteller Darstellungsformate und künstlerischer Produktionsformen. Auftakt des neuen Programms bildet ein Beitrag des Architektenkollektivs raumlaborberlin.

In der KUB-Arena hat raumlaborberlin einen architektonischen Eingriff vorgenommen, der die Hauptanliegen der Gruppe reflektiert und gleichzeitig den Raum der Arena als eigenständigen Ort markiert. Eine schräge, das Erdgeschoss diagonal durchschneidende Ebene lässt einen zweiten Raum entstehen, der über die Rückseite des Gebäudes zugänglich ist. Oberhalb dieser Schräge eröffnet eine begehbare Landschaft aus Türen ehemaliger DDR-Plattenbauten neue Perspektiven auf die Architektur des Kunsthauses. Diese konzeptuelle Arena aus dysfunktionalen Türen halbiert den Ausstellungsraum und wird zu einem begehbaren Setting für BesucherInnen und Veranstaltungen. Der Konstruktionsraum unterhalb der Fläche dient der Präsentation der sogenannten raumlaborwelten und verweist indirekt auf die unzugänglichen Zwischenstockwerke des Zumthor-Baus. Mit unterschiedlichen Medien werden hier vergangene Aktionen, Projekte wie auch theoretische Bezugnahmen des Kollektivs präsentiert. Der architektonische Eingriff von raumlaborberlin weitet den öffentlichen Raum ins Erdgeschoss des Kunsthauses aus und fordert den/die BetrachterIn auf, sich zu positionieren und aktiv in die gegebenen Ereignisse zu involvieren.           Häufig sind es einfache Perspektivwechsel – was wäre, wenn dieser Ort ein anderer wäre als der, den wir denken, in ihm zu sehen? Wir bemühen uns nicht nur assoziativ zu sein, sondern praktische Beispiele zu entwickeln. raumlaborberlin       Gegründet wurde raumlaborberlin 1999 als Plattform von Architekten, die seither in wechselnden Arbeitsgemeinschaften ein gemeinsames Ziel verfolgen: eine Praxis »jenseits der Aneinanderreihung von Kisten zum Arbeiten, Wohnen und Schlafen«. Inspiriert von Strömungen utopischer Avantgarde-Architektur der 1960er- Jahre unterläuft das Kollektiv auf spielerische Weise scheinbar unumgängliche Werte der Architektur wie ihre Dauerhaftigkeit, um mit temporären Interventionen und ephemeren Raumkonzepten alternative Gestaltungsoptionen an den Rändern eines eindeutigen Architekturbegriffs zu entwickeln. Sie verwischen die Grenzen ihrer Disziplin und machen sie durchlässiger für soziales Leben und Interaktion.

Wie verändert sich die Stadt, wie reagieren BewohnerInnen und Durchreisende auf Veränderungen, inwiefern lassen sich diese Veränderungen beeinflussen? Wie kann man mit Stadträumen arbeiten, wie kann man sie wahrnehmbar machen? raumlaborberlin untersucht urbane Wandlungsprozesse, um jenseits kapitalistischer Nützlichkeits- und Verwertungslogiken neue Perspektiven in Architektur und Stadtplanung auszuloten und Bedeutungsgrenzen zu verschieben. Sei es als Reaktion auf die konservative, reglementierende Architekturpolitik im Berlin der 1990er-Jahre, auf die zunehmende Privatisierung öffentlicher Plätze oder auf die von Utopien verlassenen Gebäude und Brachfl ächen im urbanen Raum – die gemeinschaftlich realisierten Aktionen stellen konventionelle gesellschaftliche Bedeutungen städtischer Raumnutzungen infrage und erkunden die Potenziale von Architektur und Stadt als dynamisch erfahrbare und formbare soziale Zusammenhänge.

Die Gruppe arbeitet genreübergreifend und interdisziplinär, das Kernteam – Francesco Apuzzo, Markus Bader, Benjamin Foerster- Baldenius, Andrea Hofmann, Jan Liesegang, Christof Mayer, Matthias Rick und Axel Timm – kooperiert regelmäßig mit Fachleuten unterschiedlicher Disziplinen aus Theorie und Praxis. Auch hier versteht sich die gemeinsame Praxis als stetig expandierendes Feld. Ausgehend von einem prozessualen Raumbegriff entwickelt das Kollektiv performative Architekturen, um vorhandene Räume umzuwandeln. Indem es vergessene oder verlassene städtische Brachen aktiviert, werden neue öffentliche Räume erschaffen – Handlungsräume, die nicht jenseits einer individuellen Praxis existieren, sondern erst durch sie Alternativen zu bestehenden Alltagspraktiken eröffnen. raumlaborberlin produziert nicht innerhalb projektiver Utopien, sondern innerhalb greifbarer Möglichkeitsfelder.       Unsere Städte haben heute häufig da Probleme, wo man vor dreißig Jahren versuchte, visionär zu sein. Innerstädtische Schnellstraßen und ihre Unterführungen, verwaiste Shoppingmalls, Massenwohnungsbau und sein massenhafter Leerstand – wir untersuchen diese blutleeren Ergebnisse utopischen Planens und entwickeln Szenarien dafür. raumlaborberlin           Seit mehr als zehn Jahren definiert das international arbeitende raumlaborberlin mit nachhaltigen Interventionen einen erweiterten, sozial dynamisierten Begriff von Architektur. Für das Projekt Hotel Neustadt (2003) entwickelten die Architekten informelle urbane Strategien, die exemplarisch geworden sind für eine auch nachhaltig wirksame Zusammenarbeit von AnwohnerInnen und KünstlerInnen. Mit X-Wohnungen (2005), Der Berg (2005), Küchenmonument (2006) und Der Orbit (2006) folgte eine Reihe von Experimenten, die den urbanen Leerstand als theatralen Freiraum definieren. Auf Einladung der Storefront for Art and Architecture New York wiederum wurde der Spacebuster (2009) konzipiert. Dabei handelt es sich um einen Bus, aus dem sich eine pneumatische Raumhülle als Blase entfaltet, mit der der Stadtraum auf Zeit für gemeinschaftliche Nutzungen geöffnet wird. Neben temporären Architekturen im urbanen Raum realisierte raumlaborberlin darüber hinaus Arbeiten in Kooperation mit dem Kunstverein Heidelberg, dem ZKM in Karlsruhe, der transmediale 2010 und Kampnagel in Hamburg. In diesem Jahr wird das Kollektiv zum vierten Mal auf der internationalen Architekturbiennale in Venedig vertreten sein.