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Bei der 1957 u. a. von Guy Debord und Asger Jorn gegründeten Situationistischen Internationale handelte es sich um eine Gruppierung von Künstlern und Intellektuellen, die sich bereits um 1960 zu einer der aktivsten, international vernetzten europäischen Avantgardebewegungen entwickelt hat und eine radikale Umwälzung der gesellschaftlichen Verhältnisse anstrebte.

Zumindest in ihrer ersten Entwicklungsstufe von 1957 bis 1962 stand dabei die Kunst, insbesondere die Frage nach ihrer Auflösung in das reale Leben hinein, im Mittelpunkt. Bildende Künstler wie Constant, Asger Jorn, die Münchner Künstlerguppe SPUR oder Pinot Gallizio entwickelten parallel zu einer hitzig geführten Debatte über die Legitimation der Kunst verschiedene Ausdrucksformen, die diese Auseinandersetzung widerspiegeln. Die „Vollblut-Maler“ der SPUR bezogen im Rahmen ihrer SPUR-Zeitschriften und politischen Manifeste Stellung, drehten aber auch – sicherlich von den filmischen Arbeiten Debords beeinflusst – einen bislang sehr selten gezeigten, gerade für das München der Nachkriegszeit ungemein interessanten Film „So ein Ding muss ich auch haben“. Constant, der bereits in den 50er Jahren das Malen vollständig aufgab und forderte „die Leichen der Malerei zu Grabe zu tragen“, sah in seinem urbanistischen Projekt „New Babylon“ wirksamere Formen in die Gesellschaft hineinzuwirken. Asger Jorn, der die malereifeindlichen Tendenzen insgeheim mit Sorge betrachtete, forderte 1958 mit seinen „Modifikationen“, bei denen er vorhandene Gemälde übermalte und so im Rahmen eines situationistischen „Détournement“ durch die Entwertung neue Werte schuf: „Die Malerei, sie ist vorbei […] Es lebe die Malerei!“. Pinot Gallizio hingegen entwickelte zeitgleich in diesem Zusammenhang seine „Pittura industriale“, meterlange bemalte Stoffbahnen, die als Kunst am laufenden Meter den elitären Tempel des Kunsthandels unterlaufen oder als architektonisches Element in den urbanistischen Raum ausufern sollten. Nur Maurice Wyckaert arbeitete erstaunlich unbeirrt an seinem Hauptthema, der stark-farbigen, expressiven Landschaft weiter.

Debord gingen alle hier genannten Versuche nicht weit genug, so dass er die bildenden Künstler bis 1962 durch seine exzessive Exklusionspraxis weitestgehend aus der Bewegung verbannte. Geblieben sind heute aber Kunstwerke, die bereits Ende der 50er Jahre kurz vor Fluxus Tendenzen vorwegnehmen, die in den 1960er Jahren im Rahmen der vielen neuen Kunstformen wie der Konzeptkunst, des Happenings oder der Land Art vorwegnehmen.