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Marina Abramovic verabschiedet sich nach sieben Jahren intensiver und sehr erfolgreicher Arbeit als Professorin für Performance an der HBK Braunschweig aus dem Hochschuldienst. Mit jungen KünstlerInnen wird sie weiter arbeiten, nun in ihrer neu gegründeten Independent Performance Group (IPG) mit Sitz in New York. In der Gruppe versammelt sie ausgewählte AbsolventInnen, die zur Zeit zu einem großen Teil aus der HBK Braunschweig kommen. Im Juni 2004 war die Gruppe bereits zu einem Auftritt im P.S.1 Contemporary Art Center in New York eingeladen.

In der Abschiedsausstellung zeigen Studierende und AbsolventInnen der international besetzten Performance-Klasse von Prof. Marina Abramović an der HBK Braunschweig Arbeiten unterschiedlichster Medien. Darunter Objekte, die Bestandteil einer Performance waren, aber auch Fotografie, Skulptur, Zeichnung und Malerei.

Im Vorraum der Galerie gibt es ein wechselndes Programm mit Filmen und Performance-Dokumentationen sowie einen Einblick in die Erfolge und die große Medienresonanz, die die Klasse auf der Biennale in Venedig 2003 oder ein Jahr zuvor im Centro Galego de Arte Contemporánea, Santiago de Compostela, Spanien erfuhr. Mit Unterstützung des Zentrums für Zeitgenössische Kunst in Santiago de Compostela entstand anschließend das 528 Seiten umfassende Buch Student Body (CHARTA Verlag Mailand), in dem Marina Abramović Performance-Arbeiten ihrer Studierenden von 1979 - 2003 vorstellt.

Im vorderen Teil des Buches wird anschaulich, wie ihre Arbeit als Lehrerin aussieht. Am Anfang steht immer ein Prozess der inneren Reinigung („Cleaning the House“) mit einem gemeinsamen Fasten und Schweigen und Performance-Übungen zur (Selbst-) Wahrnehmung an abgelegenen Orten, in enger Beziehung zu sich selbst, zur Gruppe und zur Natur.

Student Body ist nach Artist Body (1998) und Public Body (2001) der dritte Band von Marina Abramović über ihre künstlerische Arbeit mit dem Körper. Die Auseinandersetzung mit den Studierenden und deren Kunst ist ihr wichtig wie die Rückkopplung zum Publikum. Marina Abramović förderte mit Euphorie die jungen KünstlerInnen ihrer Klasse und wurde dabei immer wieder auch zur überzeugenden Botschafterin ihrer Hochschule und dem Standort Braunschweig. Seit 1997 unterrichtete die Professorin für Performance mit großem Engagement und Erfolg an der HBK Braunschweig. Sie vermittelte den Studierenden, wie sie sich selbst und ihre künstlerische Arbeit entwickeln können, setzte sich mit Inhalt und Form und dem Öffentlich-Machen von Kunst auseinander. Wesentliche Bestandteile ihres Performance-Verständnisses sind ihr eigener Körper als ‚Material’ und ‚Projektionsfläche’ („Artist Body“) und dem gegenüber der „Public Body“, der Körper des Publikums, das durch aktive Beteiligung gefordert wird, eigene Erfahrungen einzubringen. Das Publikum und damit die Öffentlichkeit zu suchen, gehört für sie mit zur Ausbildung. Aus dieser Überzeugung heraus entstanden Projekte auf internationaler Ebene. Gemeinsam mit ihren Studierenden war Marina Abramović im Jahr 2003 unter anderem auf der Biennale in Venedig, im PAC Mailand und in der Kunsthalle Museum Fridericianum Kassel zu Performance-Aufführungen eingeladen. In der Kulturhauptstadt Weimar 1999 war die Klasse mit einer Ausstellung als offiziellem Beitrag des Landes Niedersachsen vertreten. 1998 zeigten die Studierenden 24 Stunden lang Performances im Kunstverein Hannover, 2002 bespielte die Klasse mit Dauer-Performances das gesamte Haus der Niedersächsischen Landesvertretung in Berlin, 2000 das Hebbel Theater Berlin, 2001 das Irish Museum of Modern Art in Dublin. In Kooperation mit dem Haus der Kulturen der Welt Berlin ludt Marina Abramović Tibetische Mönche für eine Aufführung ihres Cham-Rituals nach Deutschland ein. Die Studierenden ihrer Klasse begleiteten und versorgten die Mönche während ihrer Probenarbeiten in der Braunschweiger Hochschule und fanden so einen intensiven Austausch mit ihren Gästen. Im Herbst 2004 führte Marina Abramović im Teatro Palladio in Rom eine Neuauflage ihrer Biography auf, in der Studierende ihrer künstlerischen Klasse mitwirkten. Viola Yesiltac spielte dabei die junge Marina, die sich in Ulay verliebt, hier dargestellt von dessen Sohn Jurriaan Sebastian Löwensteyn.

Marina Abramović zählt zu den wichtigsten Body- und Performance-KünstlerInnen unserer Zeit. Als eine der wenigen Kunstschaffenden der Avantgarde-Generation der siebziger Jahre führt sie bis heute Performances auf. Dabei lotet sie ihre eigenen physischen und mentalen Grenzen aus bis hin zu extremen Belastungen und Schmerzen. Die Auseinandersetzung mit politischen und gesellschaftlichen Phänomenen ihrer Heimat, mit ihrer eigenen Biografie und mit fremden Kulturen in China, Australien, Tibet oder Indien dienen ihr als wesentliche Grundlage ihrer Arbeit. Anhaltende Anerkennung findet ihr Werk durch große Preise wie den Goldenen Löwen der Biennale von Venedig 1997 oder den New York Dance and Performance Award 2003. Im Dezember 2003 wurde ihr der Kunstpreis Niedersachsen verliehen. 2004 erhielt sie die Ehrendoktorwürde des School of Arts Institute of Chicago, ebenfalls 2004 den Kunstpreis der Biennale von Montenegro. Umfassende Einzelausstellungen und Performances und zahlreiche Gruppenausstellungen in bedeutenden Museen und Galerien in Europa, Asien oder den USA sind begleitet von einer hohen Medienresonanz. Gemeinsam mit ihrem Partner Ulay trug sie in den 1970er und 80er Jahren entscheidend zur Entwicklung der internationalen Performance-Kunst bei. Mit ihrem eigenen künstlerischen Werk und als Lehrerin hat Marina Abramović das erneut wachsende Interesse insbesondere einer jüngeren Künstlergeneration an der Arbeit mit dem eigenen Körper beeinflusst.

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The Retrospective. Abramovic Class 1997 – 2004
Eine Ausstellung der Klasse Marina Abramovic zum Abschied ihrer Professorin
Galerie der Hochschule

KünstlerInnen: Anna Berndtson, Oliver Blomeier, Sarah Braun, Ivan Civic, Amanda Coogan, Yingmei Duan, Nezaket Ekici, Kinuko Hirano, Ruth Hutter, Eun Hye HwangTellervo Kalleinen, Franz Gerald Krumpl, Lotte Lindner & Till Steinbrenner, Daniel Müller-Friedrichsen, Iris Selke, Christian Sievers, Anton Soloveitchik, Ben Stone, Dorte Strehlow, Melati Suryodarmo, Irina Thorman, Doreen Uhlig, Heejung Um, Mirko Winkel, Susanne Winterling, Herma Auguste Wittstock, Viola Yesiltac ...