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Nur selten richtet sich der betrachtende Blick auf eine allein stehende, ihrem Werkzusammenhang entnommene künstlerische Arbeit. Zumeist bezieht der Blick auf ein Kunstwerk auch die vorangegangenen Werke eines Künstlers oder einer Künstlerin mit ein. Er erschließt damit Zusammenhänge und verdeutlicht eine künstlerische Intention, die er gleichzeitig auch fundiert. Die Aufgabe von Autoren, Kritikern und Kuratoren liegt darin, ihrem Publikum diese Zusammenhänge zu erschließen, wobei die Kontinuität innerhalb eines künstlerischen Werkes – die Wiedererkennbarkeit der Arbeiten – auch ihre merkantilen Möglichkeiten erhöht.

Die in dieser Ausstellung versammelten Arbeiten von Sonia Boyce (London), Nick Crowe (Manchester/Berlin), Nikola Irmer (Berlin), Jeanne van Heeswijk (Rotterdam/New York) und Holger Friese (Berlin) schildern diesen Rückblick auf das eigene Werk aus der Sicht der Künstler. Alle greifen auf unterschiedlichste Weise frühere Werke auf und kontextualisieren diese erneut. Sie dokumentieren damit die stetige Interaktion von Rezeption und Selbstrezeption als ein Kernstück künstlerischer Arbeit.

Der Ausgangspunkt für diese Ausstellung war Nikola Irmers Gemälde o.T. (Tapete), 2006, in dem sie die Rezeption ihrer Bilder in der Weiterverwendung von Abbildungen thematisiert. Bilder einer Bar, die mit den Seiten eines ihrer Bücher dekoriert ist und von Pinwänden liegen dieser Arbeit zu Grunde. Neben Bildern ihres Modells Horst finden sich auf der malerischen Darstellung dieses Wandstücks auch Heiligenbilder, die Abbildungen eines Neptun und diverser Putti, wie auch dezidiert Pornografisches – ganz profan und doch am kunsthistorisch überlieferten Genre des Sammlungsbildes orientiert.

Nick Crowes digitale Diashow Pompei, 2007, ist ebenfalls mit dem Nachleben eigener Arbeiten befasst. Er schildert den Rundgang seines virtuellen Egos durch einige seiner früheren Internetarbeiten. Für diese hatte er lebensnahe Avatars geschaffen, die jedoch heute in der virtuellen Vielfalt des Internets kaum noch wahrgenommen werden oder wahrnehmbar sind.

In Room with a View (Real Stories from Life), 1997, von Jeanne van Heeswijk, beschreibt die Schauspielerin Joke Tjalsma in einem vielschichtigen Monolog die Geschichte des Projektes Room with a View, seine verschiedenen Manifestationen und deren unterschiedliche Wahrnehmungsperspektiven. Sie spielt und dokumentiert die vorangegangenen Ausstellungen und wird damit zum eigenständiges Teil des Projekts.

Holger Frieses Bücherhalter, 2007, vereint Elemente, die sich auf die Netzarbeit www.antworten.de, 1997, von Holger Friese & Max Kossatz beziehen. An der Stirnkante des Bücherhalters sind zwei Fotos mit Innenansichten von Russ & Daughters angebracht, einem Feinkostgeschäft in der Lower East Side von New York, in dem die Idee zur ursprünglichen Internetarbeit entstand. Hinter diesen Fotos ist leise die Originaltonschleife der Website zu hören. Das bei The Green Box erschienene Buch dokumentiert und erläutert diese Arbeit und jeden einzelnen ihrer Programmschritte und bietet so die Möglichkeit der exakten Nachdeutung.

Sonia Boyce lässt in dieser Ausstellung die Arbeit Mm (Barney + Cora, London) von 1995 neu erstehen. Der damalige Kuss wurde im Ausstellungsraum mit zwei jungen Berlinern neu in Szene gesetzt und Again (Michelle + Stefan, Berlin), 2007, stellt auch heute wieder die Frage nach Intimität und Nähe, Zurschaustellung und Beobachtung in der Kunst.

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REVIEW
Sonia Boyce, Jeanne van Heeswijk, Nikola Irmer, Holger Friese, Nick Crowe