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Der Titel der Ausstellung „much has been said - In Ihrer Sprache ist keine Lösung verfügbar“, weist bereits auf die zentralen Themen der Künstlerin hin. Auch in dieser Werkschau im kunstraum BERNSTEINER beschäftigt sich Ricarda Denzer mit ihren Kernthemen, nämlich sprachlichen, räumlichen und gesellschaftspolitischen Auflösungs-, Transformations- und Übersetzungsprozessen, die sie in unterschiedlichsten Medien (audio-visuellen Medien, Performances, Foto- und Textarbeiten) umsetzt.

Im Zentrum der Ausstellung steht das Video der Performance einer Fallschirmspringerin beim rituellen Packen ihres Fallschirms. Das Video steht mit betörender Leichtigkeit, den Narrationen, Aufzeichnungen, Interviews und Gesprächen gegenüber, in denen zentrale gesellschaftspolitische Begriffe wie Freiheit und Sicherheit, Arbeit, Ökonomie oder auch Erzählungen über das Leben und Arbeiten im Feld der Kunst oder in einem ehemals totalitären Staat, abgehandelt werden. Ricarda Denzer legt dem formalen Konzept ihrer Arbeiten eine dokumentarische Praxis zugrunde. In einem obsessiven Akt des Sammelns werden Audio- und Filmbänder aufgezeichnet, Interviews geführt, Texte gelesen und Themen recherchiert, die das Ausgangsmaterial für eine inhaltliche Debatte liefern und einen audio-visuellen Arbeitsprozess begleiten, der keinem Skript folgt.

Ricarda Denzer arbeitet seit 1994 als freischaffende Künstlerin und lebt in Wien. Zusammenarbeit fand unter anderem in Kollektiven mit Isa Rosenberger - unter dem Namen der fi ktiven Künstlerin Ronda Zheng - oder mit dem Künstler Fatih Aydogdu statt. Atelierstipendien und Auslandsaufenthalte hatte sie in New York, London und Istanbul. Anerkennungs - und Förderpreise für bildende Kunst erhielt sie in Tirol, Wien und Niederösterreich. Seit den 90er Jahrem realisiert sie Ausstellungen im In - und Ausland, Kunst im öffentlichen Raum - Projekte und lehrte u.a. an der Akademie der bildenden Künste in Wien.

Zur Ausstellung much has been said - In Ihrer Sprache ist keine Lösung verfügbar.

Der Standardsatz eines Computers bei Problemen mit der Spracherkennung seiner NutzerInnen, ist hier, mit einem Augenzwinkern, als Untertitel der Ausstellung zu lesen: “In Ihrer Sprache ist keine Lösung verfügbar.” much has been said – so der Titel der Werkschau von Ricarda Denzer, die am 31. Mai im Kunstraum Bernsteiner in Wien eröffnet. Das Bild auf der Einladung dazu: eine braune Tixorolle wird von Denzer zu einem Klebeknäuel aufgerollt und in einen Bezug zu der Übersetzungsform ihrer Sprecharbeiten gesetzt.

Beim Betreten des Ausstellungsraumes, begibt man sich direkt in ein raumhohes Objekt. Ein dichter Vorhang aus hauchdünner Folie, wie sie auch bei Renovierungsarbeiten verwendet wird, überträgt jede kleinste Bewegung in ein Rascheln und Rauschen und bildet sozusagen die Tonspur zu der Ausstellung, die sich mit Transformations,- Aufl ösungs,- und Übersetzungsprozessen beschäftigt.

Filmisches Denken und Nichtlinearität sind für das Verstehen von Denzers Kunst essenziell. Der Punkt, von dem aus sie blickt, der Bildausschnitt, den sie betrachtet, aber auch das, was, obwohl es nicht gezeigt wird, anwesend ist, sind verheißungsvolle Zugänge um zu erfahren, wie sie eigentlich zu ihren Videos, Erzählungen, Gesprächen und Interviews kommt. Was sind die Auslöser?

Auf einer Projektionswand im Zentrum des Raumes, ist die Performance einer Fallschirmspringerin - direkt im Ausstellungsraum gefi lmt - beim Packen, Falten und Sortieren eines Fallschirms zu sehen. Einerseits behandelt die Videoarbeit das Thema der Verantwortung und Eigenverantwortung mit der Metapher des freien Falls wobei der Absprung, das Fallen oder Fliegen hier ausserhalb des Bildrandes bleiben. Gezeigt wird der rituelle Vorgang, jedes einzelnen, notwendigen Schrittes, bei der Vorbereitung zum Absprung. Etwas, dass man tut, um Sicherheit zu erlangen, um sich zu organisieren, zu ordnen.

Der Fallschirm wird dabei wie ein Kleidungsstück um den Körper gerafft, um dann losgelassen zu werden. Das Falten des Stoffes, das Paketpacken, Vorbereitungen einer Reise, zurück und dabei immer ins Ungewisse, sind die Motive dieser Videobilder, die natürlich damit eine gewisse Nähe zu Lebensführungen evozieren.

Eine Fotoserie, in der eine Frau sich vertrauensvoll einem Illusionisten überlässt, um sich zum Schweben bringen zu lassen, führt diese Auseinandersetzung mit Verantwortung weiter und integriert dabei auch Fragen der Transformation bzw. Auflösung von Subjektkonstitutionen. Vielleicht klingen hier nochmals Fragen nach Bedingtheiten und Fremdstrukturierungen unserer Seinsweisen, aber auch nach immer möglichen Ermächtigungsprozessen und - handlungen an, und das nicht nur in der einsamen Auseinandersetzung mit sich selbst, sondern in sozialer Interaktion, die immer auch Machtkonstellationen meint, die es zu gestalten gilt.

Hinter der Projektionswand befi ndet sich ein ganzer Werkzyklus auf ca. einem Drittel der Ausstellungsfläche verdichtet. Es ist hier vor allem die Sprachhandlung, die sich in der installativen Arbeit der Frage widmet, wer sich unter welchen Vorraussetzungen erinnert und in welcher Form sich diese Erinnerung artikuliert. Zu sehen sind dort auch auditive und fi lmische Arbeiten, die bisher noch nicht veröffentlicht wurden: ?muggeln (2011), Mundindustrie (2009), restore (2008), Aufzeichnungen (2006-2008, 2011), La crûte du chou (2007).

Denzers Hörstücke, Videos und Objekte erkunden auf außergewöhnliche Weise, was die Formen der Verbindung zwischen Wörtern und Dingen sein könnten, zwischen den Formen der Äußerungen und den Modi sinnlicher Präsentationen von „Objekten“, auf die sich diese Äußerungen beziehen.

Sie macht z.B. Bilder aus Hörstücken, sie hört das Tonmaterial durch, ohne ein Skript anzufertigen, was die Sprache in ein anderes Medium hebt, was die Sprache ihrer zugeschriebenen Macht, nämlich jene der buchstäblichen Bedeutungsproduktion und -hoheit beraubt. Denzer visualisiert die gesprochene Sprache vielmehr, sie übersetzt sie, sie transformiert sie: beispielsweise in Skizzenbüchern. In alldem wird ihr eigener Kontext immer mit reflektiert.

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Ricarda Denzer
much has been said —
In Ihrer Sprache ist keine Lösung verfügbar.
Kurator: Christiane Erharter