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Roman Signer, diesjähriger Vertreter des Schweizer Pavillons bei der Biennale, arbeitet mit einem erweiterten Skulpturbegriff, indem er der klassischen dreidimensionalen Körper-Raum-Beziehung, die vierte Dimension der Zeit und den daraus resultierenden Faktor der Bewegung hinzufügt. Seine künstlerische Prägung erfuhr er in den 60er und 70er Jahren.

Am Beginn seines Schaffens stehen objekthafte Werke, die die bis heute andauernde Faszination des Künstlers an Naturkräften wie Steinschlag, Wasserkraft und Explosion visualisieren. Ausgangspunkt der Arbeiten des Schweizer Künstlers sind präzise ausgewählte Alltagsgegenstände, wie ein Tisch, ein Stuhl, eine Holzkiste oder ein Fahrrad und in jüngster Zeit auch kleine motorisierte Fahrzeuge, die mittels bewusstem Einsatz von Energiequellen bewegt, deformiert oder zerstört werden.

Roman Signers bildhauerisches Thema ist die Zeit. Aus diesem Grund bezeichnet er seine Aktionen "Zeitskulpturen" und betont damit die Wichtigkeit der zeitlichen Dimension in seinen Arbeiten. Die Zeit wird zum Werkstoff selbst, welchen er testet, manipuliert und mit anderen Materialien in Bezug bringt.

"Ich habe vielleicht einen anderen Skulpturbegriff. Der sich allmählich in meinen Aktionen entwickelt. Ich habe mich dabei immer als Bildhauer verstanden. Es geht immer um Probleme im Raum, das Geschehen im Raum, Zeitabläufe." (Roman Signer im Gespräch mit Lutz Tittel, 1984, S. 83) Diesem Anspruch will Roman Signer Rechnung tragen, in dem er ein Werk in verschiedene Zeitab-schnitte zerlegt und zugleich zu einer skulpturalen Einheit verknüpft. Drei "Aggregatzustände" sind durch einen prozessualen Ablauf miteinander verbunden: Die Werkanlage umfasst die Vorbereitung auf eine Veränderung, der Künstler stellt akribische Berechnungen auf, die den exakten Verlauf seiner Aktionen vorhersagen. Beim Werkprozess, dem zweiten Abschnitt, wird durch die Zufuhr von äußeren Kräften eine Transformation der Ausgangssituation bewirkt. Der dritte Teil zeigt das Ergebnis der bewusst ausgelösten Aktion. Es sind Relikte und Spuren des zuvor abgelaufenen Prozesses, wie z.B. die Farbspritzer von explodierten Farbdosen ("Kreis", Konstanz am Bodensee, 1988) oder die Überreste des in die Luft geflogenen Papierstapels ("Papierwand", Abschlussaktion der documenta 8, Kassel 1987), die diese Phase bestimmen und die eigentliche Installation darstellen. Die "Ereignisse" selbst, wie Roman Signer seine Aktionen bevorzugt nennt, finden zumeist unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, werden jedoch in Form von Foto-, Film- und vor allem durch Videoaufnahmen von Aleksandra Signer dokumentiert.

Unter dem Titel "Installationen" zeigt Roman Signer im Hauptraum der Secession fünf Arbeiten. Das Werk "Helikopter mit blauer Spraydose", 1997, besteht aus einem Modellhubschrauber der im Flug über Holzplatten mit der auf ihm befestigten Sprühdose blaue Wegspuren zeichnet. Bei der Arbeit "Leiter", 1999, schießt der Künstler durch die röhrenförmigen Sprossen der Alu-Leiter mit einem Revolver, so dass sich im Wandverputz anhand der regelmäßigen Einschusslöcher die Form der Leiter wiederholt. In der Arbeit "Nachfahrt", 1999, projiziert Roman Signer auf eine Plexiglasscheibe, welche den Laderaum eines knallgelben Piaggios abschließt, Videoaufnahmen einer 40-minütige Fahrt des ehe-maligen Postautos von St. Gallen, Roman Signers Wohnort, nach Weissbad bei Appenzell. Ziel des nächtlichen Ausfluges ist jene Waldstelle, wo bereits einige Aktionen des Künstlers stattgefunden haben. Schon bei der diesjährigen Biennale im Schweizer Pavillon kam dieser Dreiradtransporter, allerdings in Blau, zum Einsatz.

Ähnlich wie die funktionelle Konstruktion des Piaggios, interessieren Roman Signer jene Netzrohre, die Christbaumverkäufern zur "Verpackung" der verkauften Bäume dienen. Er erwarb ein Einnetzgerät und gemeinsam mit 30 Nadelbäumen stellt er eines unter dem Titel "Tannenbäume" in der Secession aus.

Bei der Arbeit "Fahrrad und Holzbalken", 1997, fährt der Künstler mit dem Fahrrad gegen einen Block von langen Holzpfeilern, so dass das Rad im Holz stecken bleibt und sich dessen Negativbild nach durch die Verschiebung des Holzes abbildet.

Die Videoarbeit "Schusslinie", 1999, präsentiert sich mit zwei Monitoren gegenübergestellt in Augen-höhe. Auf einem Bildschirm erkennt man den Künstler, wie er auf einen roten Ballon im anderen Monitor zielt, der schliesslich zeitgleich mit dem Schuss zerplatzt.

Im Ver Sacrum Zimmer wird während der gesamten Ausstellungszeit eine Videoauswahl von Roman Signers Aktionen der letzten acht Jahre zu sehen sein.

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Roman Signer
"Installationen"