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Eröffnung: 19. Februar, 19 Uhr

Das Künstlerhaus Stuttgart freut sich, die erste Einzelausstellung von Rosalind Nashashibi in Deutschland zu präsentieren. Die britische Künstlerin ist vor allem für ihre konzeptionellen Filmarbeiten sowie Collagen und Fotografien bekannt. Die Ausstellung im Künstlerhaus Stuttgart stellt das Werk von Rosalind Nashashibi mit einem konzentrierten Überblick ihrer Filmarbeiten vor.

Im Zentrum der Ausstellung stehen die drei als 16mm-Projektionen gezeigten Filme "Eyeballing" (16mm, 2005), "Bachelor Machines Part 1" (16mm, 2007) und "Footnote" (16mm, 2008), die in den letzten Jahren entstandenen sind. Weitere Film- und Videoarbeiten der Künstlerin werden darüber hinaus in einem Filmprogramm vorgestellt. Die Arbeiten befassen sich auf unterschiedliche Weise mit der psychologischen Atmosphäre von zunächst alltäglich erscheinenden Orten und Gegenständen. Obwohl sie von unterschiedlichen Zusammenhängen handeln, wie etwa dem Leben auf einem Frachtschiff ("Bachelor Machines Part 1") oder Traumzuständen zwischen Wachsein und Schlaf wie in "Footnote", so eint die Filme ein zugleich analytischer Blick wie auch eine ausgesprochen elegante und dichte filmische Sprache.

Die Konfrontation der unterschiedlichen, aus verschiedenen Werkphasen der Künstlerin stammenden Filme ermöglicht eine Aufmerksamkeit für immer wiederkehrende Themen und formale Strategien in Nashashibis Werk, etwa ihrer Beschäftigung mit anthropomorphen Bildern. Die Ausstellungsstruktur bezieht sich auf ein Arbeitsprinzip der Künstlerin, die immer wieder auf ältere eigene Arbeiten zurückgreift und diese in veränderter Form in neuere Arbeiten integriert. Nashashibis wohl bekanntester Film ist "Eyeballing", in dem statische Einstellungen von als abstrahierte Gesichter erscheinenden architektonischen Details und Objektanordnungen mit distanzierten Beobachtungen einer Polizeistation in Lower Manhattan abwechseln. Ähnliche Gesichtsmotive finden sich denn auch in "Bachelor Machines Part 1" wieder, nehmen dort jedoch im Zusammenhang eines als Organismus erscheinenden Frachtschiffes eine andere Funktion ein. Die Filme verfolgen, wie sich das Erkennen von Zusammenhängen in bekannten Formen wie dem des menschlichen Körpers organisiert und durch diese strukturiert wird. Nashashibi setzt dabei auf der Ebene des Tons, des Schnitts oder der Gegenüberstellung von Bildern immer wieder Unterbrechungen ein, durch die eine zweite Bedeutungsebene entsteht und die einen Zusammenhang mit der Befragung von Machtverhältnissen oder der herrschenden Rationalität erzeugen.

Rosalind Nashashibi (*1973 in Croydon/England) lebt zurzeit in London. Sie nahm zuletzt an der Manifesta 7 in Trient und in der Tate Britain in London teil. Sie kooperiert regelmäßig mit der Künstlerin Lucy Skaer, zuletzt im Rahmen der 5. Berlin Biennale und im CAC Bretigny bei Paris. 2007 vertrat sie Schottland auf der 52. Biennale in Venedig. Für September diesen Jahres ist eine Einzelausstellung von Rosalind Nashashibi im ICA London in Vorbereitung.

Zu den Filmen:

Der Film "Bachelor Machines Part 1" (16mm, 2007, 30 Min.) ist auf einem Frachtschiff gedreht, das von Süditalien über Portugal, Großbritannien und Irland nach Schweden unterwegs ist. In seiner ausschließlichen Konzentration auf das Leben an Bord des Schiffes erscheint der Film wie ein Genrestück, das den zeitgenössischen Formen der Seefahrt folgt und dessen Vorgänger in der historischen Literatur, Malerei und Film liegen. Nashashibis Interesse gilt dem Leben auf dem Schiff als einer ultimativen geschlossenen Gesellschaft. Die Gemeinschaft ist in einer strikten, selbst auferlegten Hierarchie unter der absoluten Autorität des Kapitäns organisiert. Jenseits der Ländergrenzen gelegen gleicht ihr Status einem mobilen unabhängigen Staat. Der Rhythmus des Filmes entwickelt sich aus der Intensität und den klaustrophobischen Bedingungen des Zusammenlebens auf dem Schiff, die mit der Weite des Ozeans und den extremen Wetterbedingungen kontrastiert werden. Der Film folgt dabei dem Leben auf dem Frachter mit unterschiedlichen filmischen Mitteln. Neben einer direkten und genauen Aufzeichnung der menschlichen Beziehungen innerhalb der begrenzten Umgebung auf dem Meer sowie atmosphärischen Bildern des Lichts und der Bewegung der Reise steht vor allem das Schiff selbst als animierte Maschine und Protagonist des sozialen Lebens im Vordergrund.

Auch "Eyeballing" (16mm, 2005, 10 Min.) zeigt eine Suche nach dem Bekannten, nach Identifikation, nach etwas Lebendigem im Leblosen. Der Film entstand während eines Aufenthalts in New York und zeigt im urbanen Kontext abgefilmte Objekte – Steckdosen, Schaufensterschmuck, Fenster und Türöffnungen –, die im Zusammenhang des Filmes plötzlich wie reduziert gezeichnete Gesichter aussehen. Auf den ersten Blick wirkt diese Verwandlung von städtischen Situationen in zwei Augen und einen Mund spielerisch. Der Film gewinnt jedoch an politischer Schärfe, indem Nashashibi Szenen zwischen die Gesichtsbilder schneidet, auf denen Polizeibeamte ein Revier in Lower Manhattan betreten und verlassen. Das bildhafte Erkennen wird so in den Kontext der wachsenden Bedeutung von Überwachungstechnologie in der Weltordnung nach den Geschehnissen vom 11. September 2001 gestellt. Zudem verkörpern die Polizeibeamten eine Art Umkehrung des anthropomorphen Prinzips, indem sie durch ihre Uniformierung eine individuelle Charakterisierung zugunsten einer Repräsentation staatlicher Autorität aufgeben.

"Footnote" (16mm, 2007, 2. Min.) ist gemeinsam mit den Frankfurter KünstlerInnen Thomas und Helke Bayrle entstanden. Der Film beobachtet die beiden in einem scheinbar privaten Moment. Während der Mann im Hintergrund schläft, liest die Frau ebenfalls im Bett liegend in einer Zeitschrift. Diese Einstellung wird von einer zweiten, fast traumähnlichen Szene unterbrochen, die einen seltsam starrenden Spielzeugfrosch zeigt. Beide Szenen sind in anderen Farbräumen aufgenommen und unterbrechen jeweils die Realitätsebene der vorangegangenen Sequenz.

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Rosalind Nashashibi: Filmarbeiten