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2004 hat Rossella Biscotti den 1937 von Mussolini zur Eröffnung der römischen Filmstudios Cinecittà verwendeten Slogan „La cinematografia é l’arma più forte“ für eine Wandarbeit aufgegriffen. Damit hat sie zum einen eine Parallele zur politischen Situation in Italien unter der Führung des Medientycoons Berlusconi gezogen und zum anderen die Risiken durch politische und ökonomische Indienstnahme des künstlerischen Feldes reflektiert.

In Videos, Skulpturen, Installationen und räumlichen Interventionen beschäftigt sich Biscotti mit Erinnerung und den Grenzen objektiver Geschichtsschreibung. Ausgangspunkt ihrer Arbeit ist die Rekonstruktion historischer Ereignisse, oft aus der jüngeren italienischen Geschichte und der politischen Linken. Indem sie persönliche Erinnerungen z. B. in Form von Interviews und Gesprächen und scheinbar objektive historische Dokumente gegenüberstellt, dekonstruiert sie den Mythos objektiver Wahrheit und stellt hegemonialer Geschichtsschreibung individuelle Vielfalt und Uneindeutigkeit entgegen.

Die 2010 begonnene und bislang fortgeführte multimediale Installation Il processo (Der Prozess) behandelt das politische Klima Anfang der 1980er-Jahre in Italien, als die Regierung repressiv gegen linke Bewegungen wie die außerparlamentarische Gruppierung Autonomia Operaia vorging. Zahlreiche Intellektuelle, Autoren, Lehrer u.a. wurden terroristischer und staatsfeindlicher Handlungen beschuldigt. Zu den bekanntesten Verurteilten des sogenannten „7.-April-Prozesses“ gehören die Philosophen Antonio Negri und Paolo Virno, zwei im gegenwärtigen Kunstdiskurs einflussreiche Denker. Zeugenaussagen in Form von Text- und Audiodokumenten sind ebenso Teil der Arbeit wie Performancedokumentationen und Abgüsse von jenen Bauteilen des heute nicht mehr als Gericht genutzten Gebäudes, die bei der Adaption der ursprünglichen Fechtschule in ein Hochsicherheitsgericht eingebaut wurden. Die Abgüsse nehmen im Ausstellungskontext wiederum eine ambivalente Position zwischen minimalistischer Skulptur, historischer Dokumentation und politischem Mahnmal ein. Die Wechselbeziehung zwischen Werk, Kunstdiskurs und politischem Kontext hat Biscotti schon in früheren Arbeiten wie z.B. After Four Rotations of A, B Will Make one Revolution (2009) thematisiert, für die sie das jeweilige Material und Gewicht figurativer sozialistischer Skulpturen in minimalistische Formen übertragen hat.

Die Ausstellung im Grafischen Kabinett der Secession ist Biscottis erste Einzelausstellung in Österreich.

Eingeladen vom Vorstand der Secession Kuratorin: Bettina Spörr

Rossella Biscotti, geboren 1978 in Molfetta (I) lebt und arbeitet in Amsterdam.

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ROSSELLA BISCOTTI
The Side Room

Künstler:
Rossella Biscotti

Kuratorin:
Bettina Spörr