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111.03.2023 - 27.08.2023
Eröffnung: Freitag, 10.03.2023, 19-21 Uhr
in Anwesenheit der Künstlerin
Einführung: Dr. Jenny Graser, Kupferstichkabinett, Staatliche Museen zu Berlin

Sandra Vásquez de la Horra – Das archetypische Ich

Kuratiert von Brigitte Hausmann, Leitung Fachbereich Kultur

Die in Berlin lebende Künstlerin Sandra Vásquez de la Horra (* 1967 in Viña del Mar, Chile) erstellt vor allem mittel- und großformatige Zeichnungen (Bleistift, Graphit, Farbstift) und Papierarbeiten in Mischtechnik (Aquarell, Gouache), die sie anschließend in Wachs taucht, woraus ein semitransparenter Effekt und eine plastische Anmutung resultieren.

Zunehmend geht sie mit leporello- und hausartigen Objekten in der gleichen Technik ins Dreidimensionale. Die Wachsschicht intensiviert die oft surreale Wirkung, die sich zum einen aus der expressiven Darstellung der Figuren und weiteren Bildmotive ergibt und zum anderen aus dem komplexen Inhalt.

Wichtige Impulse gehen aus von ihrem Herkunftsland Chile mit seiner politischen, kulturellen und sozialen Geschichte, seiner Landschaft, des Weiteren von Literatur und im speziellen von chilenischen Autoren wie Pablo Neruda und Roberto Bolaño, von Kunst und Kunstgeschichte bis hin zur Populärkultur der Comics und Cartoons, von Religiös-Spirituellem (vom Christentum über indigene Kosmovisionen und Synkretismen wie Santería bis hin zu aus Anthroposophie und Vedanta geläufigen Auravorstellungen), von der Kultur- und Geistesgeschichte unterschiedlicher Weltregionen, von Träumen, Märchen, Mythen…

Daraus lässt ihre künstlerische Gestaltungskraft Welten entstehen, die oft magisch anmuten, doch immer erfahrungsgesättigt sind. Es handelt sich also keineswegs „nur“ um private Mythologien und Visionen, dahinter stehen kollektive Ideen wie etwa Seins- und Welterklärungen jenseits des logozentrischen Denkens und kollektive Erinnerungen wie etwa an politische und gesellschaftliche Gewalt im 20. und 21. Jahrhundert, im Besonderen an die Militärdiktatur in Chile unter Augusto Pinochet.

Dieses Ineinander von Individuellem und Kollektivem verdichtet sich im Ausstellungstitel: Das archetypische Ich. Die Archetypentheorie wurde bekanntlich von C.G. Jung entwickelt, der sich damit vom individualgeschichtlichen Interpretationsansatz löste und mit den Archetypen Elemente menschlicher Phantasie identifizierte, Urformen und Wirkkräfte, welche als Inhalte des kollektiven Unbewussten die persönlichen Imaginationen mitstrukturieren. Dabei suchte er besonders in der Religions- und Kulturgeschichte nach diesen Präfigurationen der inneren Erfahrungen.
In menschheitsgeschichtlicher Perspektive bleiben die Themen, doch ihre Form ändert und erneuert sich – wie in den Bildwelten von Sandra Vásquez de la Horra.

Die von Brigitte Hausmann kuratierte Ausstellung im Gutshaus Steglitz ist die erste institutionelle Einzelausstellung der Künstlerin in Berlin. Gezeigt werden ca. 40 Arbeiten aus den vergangenen 20 Jahren. Begleitend erscheint im Distanz Verlag ein Katalog mit Texten von Raphael Fonseca, Jenny Graser und Friedhelm Mennekes.

Sandra Vásquez hatte Einzelausstellungen u.a. im Bonnefantenmuseum Maastricht, in der Sächsischen Akademie der Künste, Dresden, im Museo Novecento, Florenz, im Musée d’Art Moderne de Saint Etienne und im Parkview Museum Singapur. Sie war an zahlreichen Gruppenausstellungen beteiligt und wurde von Cecilia Alemani zur Biennale Venedig 2022 eingeladen. Für ihre Zeichnungen wurde sie u.a. mit dem Prix de Dessin der Fondation d´art contemporain Daniel & Florence Guerlain und dem Hans Theo Richter Preis der Sächsischen Akademie der Künste ausgezeichnet.

Werke der Künstlerin befinden sich in den Sammlungen der Tate Gallery, des Centre Pompidou, des MOMA NY, des Art Institute Chicago, des Drawing Centers NY, der Pinakothek der Moderne München, des Kupferstichkabinetts SMB u.a.

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Begleitend erscheint im Distanz Verlag ein Katalog (112 S.) mit Texten von Raphael Fonseca, Jenny Graser und Friedhelm Menneke