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Eröffnung Freitag, 13. Juni 2008, 19 Uhr

Sara MacKillop hat eine Vorliebe für die Formen und Farben des Alltags. Ihr Interesse gilt den Dingen, die in Handhabung und Colorit geprüft, für gut befunden und dann massenweise produziert wurden, um schließlich als Gebrauchsgegenstände unsere Büro- und Freizeitwelten zu zieren. Ihre Werkstoffe wie Kugelschreiber, Briefumschläge oder Schallplattenhüllen findet die Künstlerin auf Flohmärkten und in Ein-Euro-Shops.

In den Arbeiten kommen vielfältige künstlerische Prozesse zum Tragen. Wiederholungen von Modulformen in gleichbleibender oder variierter Größe (mounts, 2006), (envelope piece, 2004-2008), stehen neben streng geometrischen Flächenstudien, die aus der formalen Logik ihrer Ausgangsmaterialien entwickelt sind und sich in ein spannungsvolles Verhältnis zum Bildgrund setzen (blank pages, 2007), (inner sleeve, 2007). Daneben gibt es auch solche, mit lapidarer Geste im Raum platzierte Alltagsgegenstände, die uns eine ungewohnte Facette ihrer Gestalt vor Augen halten und die Beziehung von Kunst und Raum akzentuieren (ringbinder, 2008).

MacKillop inszeniert den Ausstellungsraum als sinnstiftende Größe. Der neck pen (2004) beispielsweise, ein rot-weißer Stift mit Schnur zum Umhängen, baumelt an zwei Punkten befestigt in einer Raumecke. Die leichtgewichtige Skulptur balanciert zwischen zwei Wänden des Ausstellungsraums und erhält ihre Stabilität aus eben diesem. Die Kanten des Stifts bilden ein Koordinatensystem, das uns die Größe dieses Stückchen Raums vor Augen führt. MacKillops Vorgehen ähnelt dem einer Schriftstellerin und ihres Gebrauchs von Satzzeichen, die einer Ansammlung von Worten, Sinn und lyrische Dichte verleihen. Subtil und leise fügen sich die Arbeiten in den Raum ein. Sie erobern ihn nicht vollständig, sondern punktieren ihn hier und da und öffnen unseren Blick für die Ordnung seiner Fest- und Hohlräume.

Der Ausstellungstitel, 3.35 x 2.30, bezeichnet die Maße des Galeriefensters. 3.35 x 2.30 Meter misst dass Sichtfeld des Betrachters, wenn er von außen auf das Display der Galerie Clages schaut. Das Fenster ist eine weitere formale Struktur und tritt in einen Dialog mit dem Formenvokabular im Inneren. Mit dem Titel ihrer Installation macht MacKillop den Blick aber auch frei für die andere, rahmende Funktion des Fensters. Denn das Schaufenster markiert traditionell die Grenze zwischen Ware und Konsument. Die Künstlerin spielt auf die Bedeutung des kommerziellen Galerieraums als wertschöpfende Konstante im Betriebssystem Kunst an.

Für das envelope piece wurden mehr als 50 verschiedene schwarz-weiße Muster zusammengetragen, die den Sichtfenstern von Briefumschlägen hinterlegt sind. Jedes der Din A4 großen Blätter zeigt eine neue Dekorvariante. Ein als Musterbuch gestalteter Katalog der unterschiedlichen Umschlagdesigns liegt der Wandarbeit bei. Hier geht es nicht nur streng formalistisch zu. Denn MacKillops kapriziöse Sammelleidenschaft kommt von einer fast kindlichen Begeisterung an der reichen Formenwelt, die innerhalb amtlicher Grenzen ihre Blüten treibt. Das hat nichts Spöttisches, sondern wurzelt in einer tiefen Wertschätzung gegenüber den Dingen des Alltags. Im Zusammentreffen von verblüffend simpler künstlerischer Geste und der optischen Plausibilität ihrer Arbeiten führt die Künstlerin vor, dass den einfachen Formen, dem Dekor des Alltags eine Poesie zu Eigen ist, die erst das symbolische System Kunst zum Leben erweckt. An die Stelle von konzeptueller Schwere ihrer kunstgeschichtlichen Vorbilder des amerikanischen Minimalismus setzt Sara MacKillop eine visuelle Leichtigkeit, deren Betrachtung sinnliche Freude bereitet. Julia Höner

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Sara MacKillop
3.35 x 2.30

eingeladen von Julia Höner