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Dem Wesen der Bilder bietet das Digitale ebenso schöpferische wie vernichtende Möglichkeiten. Der stetige mediale Bedarf an immer neuen Bildern und die zunehmende Medialisierung des Privaten bringt eine unablässige Bilderproduktion mit sich. Das unermüdliche Archivieren dieser zahllosen Bilder lässt uns an ein riesiges und ständig wachsendes Reservoir an Bildern glauben und vermittelt uns überdies die Illusion ihrer ständigen Verfügbarkeit. Und doch müssen wir befürchten, es letzten Endes anstatt mit einer unendlich großen Summe der Bilder lediglich mit einem unendlich großen Haufen von Festplatten, dem digitalen Endlager zu tun zu haben.

Solche Befürchtungen kann die Malerei entweder guten Gewissens außer acht lassen und nach Belieben Bilder produzieren, wie es seit vordigitalen Zeiten üblich ist. Will sie jedoch auf eine digitale Situation reagieren, wird sie sich mit den Erscheinungsformen der Bilder innerhalb ihrer Digitalisierung beschäftigen. Abgesehen von der Beschaffenheit der Malerei wird nicht nur ein Motiv Gegenstand eines Gemäldes sein, sondern ebenso der Kontext, den das Bild im Gefüge der Virtualität, im Wechsel zwischen Geist und Technik eingeht. Durch die malerische Bearbeitung oder Neuerfindung eines digitalen Bildes wird dessen Position innerhalb seines medialen Zusammenganges verschoben, verfremdet oder fragmentiert und neu zusammengesetzt. Diese Eingriffe in die Medialität entreißen das Bild der digitalen Vergessenheit und machen es erst wirklich und sichtbar. In dieser Wiedergeburt erfährt das Bild eine Wahrhaftigkeit, oder auch Sinnlichkeit, die ihm im Datenzustand abhanden gekommen war.

In der neuen Ausstellung der Emmanuel Walderdorff Galerie versammelt Christoph Preussmann unter dem Titel 'Intersections' vier Künstler aus seiner neuen Heimat Australien, die, wie er selbst, die mediale Situation eines Bildes vergegenwärtigen, ohne dabei auf malerisches Raffinement zu verzichten oder die Autonomie des Gemäldes abzuschaffen. - Filmstills werden mit Farbstiften in feinen Schichten auf Papierskulpturen aufgetragen (Christoph Preussmann) oder die lichttechnischen Spektren der Bildschirmdarstellung in konzentriert gestische Malerei übersetzt (Jonathan Nichols). Es gelingt die perfekte Imitation der Photografie in Öl hinter Glas (David Jolly), auf Wandtellern die Politisierung traditioneller blau-weißer Porzellanmalerei (Merryn Bowden) oder die spielerisch anmutende und doch präzise Verfremdung historischer Photografie durch Projektion und Collage (Derek O'Connor). Die fünf Künstler mögen in ihrer Arbeit durchaus zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Im Vergleich ihrer gedanklichen Positionen jedoch, die allesamt um Medialität/Materialität des Bildes und unsere Wahrnehmung derselben kreisen, ergeben sich vielfältige Gemeinsamkeiten oder eben Schnittmengen.

Diese Schnittmengen auszumachen, mag dem einen oder anderen wie ein trockenes Exerzieren theoretischer Konstrukte erscheinen. Jedoch lebt alle Kunst von ihrem geistigen Hintergrund. Dass dies seit jeher so ist, wird umso deutlicher, wenn man über die zeitgenössische indigene Kunst Australiens nachdenkt, die in direkter Nachbarschaft zu und doch ganz unabhängig von den in 'Intersections' gezeigten Arbeiten entsteht. Aus einer der ältesten künstlerischen Traditionen der Welt hervorgegangen, bezieht sich deren Formensprache direkt auf lebendige Mythologien, Riten und beseelte Landschaften. - Im Anschluss an 'Intersections' wird die auf Kunst der Australischen Urbewohner spezialisierte Freiburger Galerie Artkelch in unseren Räumen eine Ausstellung mit ausgewählter Aboriginal Art zeigen. Welche Schnittpunkte oder Kontraste ergeben sich zwischen der westlich, urban und modern geprägten Kunstszene Australiens und den florierenden Kunstzentren der Aborigines? Eine Frage, die beiden Ausstellungen gestellt werden kann, weil sie sich vielleicht gerade auf einen der beiden Bereiche spezialisieren.

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Schnittmengen/Intersections

Künstler: Merryn Bowden, Derek O´Connor, David Jolly, Jonathan Nichols, Christoph Preussmann