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In den 1990ern fast ausschließlich auf Filmfestivals und in Videoprogrammen zu sehen, sind Diaz Morales’ Arbeiten seit seiner Studienzeit an der Rijksakademie in Amsterdam 2000-2001 vor allem auch in einem europäischen Kunstkontext präsent, in den letzten Jahren beispielsweise im Stedelijk Museum Bureau Amsterdam (2003), den Kunst-Werken in Berlin, der Tate Modern, London (2004), bei Le Plateau in Paris und demnächst bei Attitudes in Genf (2005), sowie international zuletzt etwa bei LMAK Projects, New York (2005).

Diaz-Morales experimentiert mit verschiedenen filmischen Genres, Ausdrucks- und Stilmitteln, er nimmt soziale Konstellationen, literarische Vorlagen, kulturell kodierte Bilder ebenso wie Reiseimpressionen und Erinnerungsfragmente zum Anhalts- und Ausgangspunkt seiner fein gewirkten und oft erzählerisch extrem komplexen Bilderbögen. Wie bei anderen jungen „außereuropäischen“ Künstlern seiner Generation widersteht sein Schaffen definitiven Zuschreibungen, ist nicht nur Film, nicht nur Kunst, manchmal dokumentarisch, niemals aber bloße Illustration. Was ihn jedoch vielleicht vor allem anderen auszeichnet, ist ein starkes Gefühl für seine(n) Protagonisten, im Bild oder Voice-Over ebenso wie vor dem Schirm.

Im Film, so Diaz Morales, entfaltet sich die Idee zwischen dem Raum und der Zeit der Geschichte, in der Aktion und Bewegung ihrer Elemente und Charaktere. Für seine zweite Einzelausstellung bei carlier | gebauer hat der Künstler eine Serie von Prototypes (Bogen 52) entwickelt, Installationen, die den narrativen Rahmen seiner bisherigen filmischen Arbeiten aufbrechen, die Idee in verschiedene (raum-zeitliche) Sequenzen differenzieren und ihren Elementen, Prototypen und Protagonisten neue Möglichkeiten zur Interaktion einräumen, mit der erklärten Absicht, das Ganze neu durchdenken, die Idee neu formulieren zu können.

Prototype of Boxes (Box of Steps, Box of Cosmos), zwei in kleinen silbrigen Kisten gezeigte Videoscreens, spannen einen Bogen von der archäologischen Entdeckung eines menschlichen Fußabdrucks – nach heutigen Erkenntnissen das früheste Zeugnis menschlicher Wanderung auf dem amerikanischen Kontinent – bis zur Vermessung des Weltraums durch Bilder des Hubble Teleskops und 3D-Rekonstruktionen des Stellaren Systems. An Stelle eines archivierten Wissens oder einer genau lokalisierten Informationsquelle setzen die Boxen damit ein abstrakt-mentales Bild der Grenzen von Raum und Zeit.

Prototypes of Gates (Bone Stair, Endless Stair) besteht aus der Diaprojektion einer tief ins Erdreich führenden endlosen Treppe und einer im Ausstellungsraum installierten Leiter aus Knochen, die sich, von der Decke hängend, über den Boden erstreckt. Die Grenzen von Zeit und Raum, Vorzeit und Kosmos sind nicht mehr bloß abstrakte wissenschaftliche Konzepte, keine rein geistige Idee, sondern gelebte und materiell fassbare Bedingungen menschlicher Existenz, unseres irdischen Daseins: „Die Grenzen von Zeit und Raum sind erreichbar.“

Die Videoprojektion Yo Estuve Aqui (I was here) schließlich legt die Spur nochmals zurück zur erzählerischen Struktur früherer Arbeiten – und unserem grundlegend menschlichen Bedürfnis, uns selbst einen Platz in der Geschichte, der Story zu sichern: mitten in der Wüste schreibt ein Mann auf die Mauer einer Ruine. Yo Estuve Aqui – Ich war hier. Mit dem Zoom der Kamera wird die in der Wand eingekratzte Schrift in den Himmel und der Mensch in jeder seiner Erfindungen und Ideen eingeschrieben.

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Sebastian Diaz Morales - Prototypes