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Das Haus der Photographie in den Deichtorhallen widmen dem russisch-ukrainischen Künstler Sergey Bratkov (*1960) in Kooperation mit dem Fotomuseum Winterthur eine große Werkschau. Mit ca. 130 Werken gibt die Ausstellung einen umfangreichen Einblick in das fotografische Schaffen Bratkovs seit Anfang der 1990er Jahre, das sozialkritisch, politisch und gleichzeitig von Poesie durchdrungen ist.

Die wilden, schrillen, manchmal an die Grenzen der Wahrheit und des guten Geschmacks reichenden Fotografien, Bildserien und Videos bilden den expressiven Kern seines produktiven und umfangreichen Schaffens. Eine direkte, manchmal schonungslose Darstellung des Alltags und des Zusammenlebens nach dem Niedergang der Sowjetunion zieht sich als roter Faden durch das Werk und mischt sich zu einem bisweilen schrillen Theater der neuen Realität.

Der in der ukrainischen Industriestadt Kharkov aufgewachsene Bratkov legt in seinen Bildserien die ideologisch überkommenen Klischees der Sowjetzeit ebenso offen wie den neuen Habitus des kraftstrotzenden Ostkapitalismus. Seine dokumentarischen Porträtserien über Stahlarbeiter (Steelworkers, 2003), obdachlose Kinder (Glue Sniffers, 2000) oder Frauen mit Kinderwunsch (Princess, 1996) zitieren die Bildsprache des national gefärbten Sozialismus, indem sie den Menschen schablonenartig in Stereotype einzuordnen vorgibt.

Sergey Bratkov sucht in seinen „Heldendarstellungen“ jedoch nicht die Konformität der Gruppe, hinter der sich das Individuum verstecken könnte. Vielmehr provoziert er mit seinen Fotografien die post-sowjetische Gesellschaft durch gezielte Grenzüberschreitungen von geschmacklichen und moralischen Tabus. In der ironischen und subjektiven Zuspitzung des Erlebten erfindet Sergey Bratkov eine neue Form des sozialen Realismus in foto¬grafischen Bildern und demaskiert den kritischen Sozialismus als ideologisch überkommene Fiktion.

Die Ausstellung ist in Kooperation mit dem Fotomuseum Winterthur entstanden und wurde von Thomas Seelig kuratiert. Für das Haus der Photographie in den Deichtorhallen wurde sie von Ingo Taubhorn eingerichtet.

BIOGRAFIE: Sergey Bratkov, geboren 1960 in Kharkov, Ukraine, lebt seit 2000 in Moskau. Gemeinsam mit Boris Mikhailov und Sergey Solonsky bildete er von 1994–1997 die Fast Reaction Group. 2002 war er Teilnehmer der 25th San Paolo Biennale, São Paolo. In 2007 war er im Ukrainischen Pavillion der 52. Biennale von Venedig vertreten. Einzelausstellungen u.a.: Faust and Margherita, Center for Contemporary Art, Kiev, 2003; S.M.A.K., Gent, 2005; Part of my Life, Moscow Museum of Contemporary Art, Moskau, 2006; BALTIC Centre for Contemporary Art, Gateshead, 2007. Sergey Bratkov wird von der in Moskau ansässigen Regina Gallery vertreten.

KATALOG Zur Ausstellung ist die Publikation „Sergey Bratkov – Dog Days/Heldenzeiten“ (engl./dt.) im Verlag Scheidegger & Spiess, Zürich, mit Texten von Boris Buden, Bart de Baere, Thomas Seelig, sowie einem Interview von Mikhail Ryklin und Anna Alchuk mit Sergey Bratkov erschienen. 192 Seiten, 91 Farb-und 41 S/W-Abbildungen, Format 20.5 x 26.5 cm, Hardcover.

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Sergey Bratkov. Heldenzeiten

Künstler:
Sergej Bratkow