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Sebastian Brandt publizierte im 15. Jahrhundert eine Moralsatire, die anhand der Figur des Narren und seiner Fehltritte der Gesellschaft einen Spiegel vorhalten sollte. Dieses Buch, das „Narrenschyff“, fand mit seinen zahlreichen Holzschnitten und der lateinischen Übersetzung in ganz Europa weite Verbreitung. Als Metapher für soziale Normierung und als Kritik des Zeitgeistes ist es Ausgangspunkt der hier gezeigten Kunstwerke.

Die KünstlerInnen betreiben den Verein Kunstwerft und waren mehrmals in gemeinsamen Ausstellungen präsent (hotspots, Sammlung Essl; Wiener Blut, Kunstraum 21 Köln; Eau de Cologne, Werftgalerie) und organisierten Kunstprojekte (Kunstklappe, Art Critics Award, Artist-Run-Space Werftgalerie etc.).

Amina Broggi: An einem Strand fand die Künstlerin neben viel Plastikmüll große Mengen angeschwemmter Puppenteile, die sie fotografisch festhielt. In ihren großformatigen Acrylmalereien ist die Inszenierung dieser künstlichen körperlichen Fragmente nachzuvollziehen. Sie stehen in Kontrast zur dargestellten natürlichen Umgebung. Die Puppe als Projektionsfläche sowie als Symbol für die Kindheit verweist in ihrer Verletzlichkeit auf Erziehungsmodelle und die Sozialisierung des Individuums in der Gesellschaft.

Bernhard Hosa: Für seine Adaption eines Stundenglases, oft Attribut eines Narren in der Kunstgeschichte, schafft Hosa einen kleinen Raum, der den Besucher vom Rest des Geschehens abschirmt. Das ständige Tropfen des Wassers vom oberen Kübel in den darunter stehenden ist als Vanitassymbolik Ausdruck für die Vergänglichkeit des Lebens. Der Wandtext verweist auf soziale und ökonomische Aspekte im Umgang mit Trinkwasser.

Christian Eisenberger: Während seines Aufenthaltes in Innsbruck wirkt er als Till Eulenspiegel im öffentlichen Raum der Stadt. Mit ausufernden Karton-Architekturen und –Objekten sowie Performances widmet er sich dem Stellenwert des Künstlers im Betriebssystem Kunst und spielt mit den Erwartungen des Publikums.

Moussa Kone: Künstlern erlaubt ihr Status Meinung und Kritik durch ihre Arbeit kundtun zu können, oft ohne Rechtfertigung leisten zu müssen – gewissermaßen haben sie Narrenfreiheit. Die Zeichnung zeigt einen Harlequin in einer Krise, nach dem Ändern seiner Meinung wechselt er die Seiten. Ein Narrenstab spiegelt das Gesicht seines Trägers wider, hier das des Künstlers. Die Bewegung des Stabs durch einen Motor wird per Mobiltelefon ferngesteuert. Das Klingen der Schellen verkündet das Entstehen einer künstlerischen Idee in der Ausstellung.

Markus Proschek: Dass „auch eine Ausstellung Raum einer gesellschaftlichen Normierung sein kann“ zeigt der Künstler durch die Aufarbeitung unserer verdrängten Sinnesgeschichte in Bezug auf den Nationalsozialismus. In der Kombination eines Gemäldes des zentralen Sicherungskastens aus dem „Haus für Kunst“ in München mit dem vergrößertem Nachbau des Museumsmobiliars von 1936 geht Proschek auf die Definition des Menschenbildes durch den Faschismus als ästhetische Volksbildung ein.

Erwin Uhrmann: Das aufliegende Buch versammelt eine Liste fiktiver Namen, die Uhrmann unbekannten Menschen, die ihm im Alltag begegnen, zugeordnet hat. Aus der ersten Assoziation, die beim Anblick einer Person erfolgt, entsteht eine literarische Zuweisung, die das Markante und Närrische wahrnimmt. Durch diese Sammlung von Namen entsteht eine „assoziative Landkarte“, ein sprachliches Bild von Begegnungen, das konserviert wird.

Kunstwerft, www.werftgalerie.at

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SHIP OF FOOLS
KünstlerInnen des Wiener Vereins Kunstwerft
Ort: Kunstpavillon

Künstler: Amina Broggi, Bernhard Hosa, Christian Eisenberger, Moussa Kone, Markus Proschek, Erwin Uhrmann