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Energiegeladen, schwarz vom Himmel stoßend oder in Nahsicht mit aufgerissenem Schnabel kräftig schreiend, auch, kaum noch sichtbar, hoch in den Lüften bieten die undomestizierten Raben, die Sigrid Nienstedt in den letzten beiden Jahren gemalt hat, ein artifizielles Naturschauspiel, das es in sich hat.

Tiere sind für das Weltverständnis dieser Malerin konstitutiv; in ihrem Werk, das ein Mailänder Kunstkritiker als Manifestation deutscher Neo-Romantik begrüßte, beanspruchen sie ein großes Terrain, das mit dem anderen Bereich, den fast monochromen Landschaften, auf das Weiten des Blicks angelegt, gute Nachbarschaft hält.

Konträr zu Tier-Filmen, deren Interesse dem Lebensmilieu und dem Verständnis naturgesetzlicher Abläufe gilt, verfährt die Hamburger Malerin genau umgekehrt: Sie hebt das Tier von seinem Lebenshintergrund ab. Die "Einbettung" als Anpassungsmanöver verwerfend, gibt sie die Einbeziehung des Umfelds samt Darstellung des Körperganzen gern preis und porträtiert das tierische Antlitz, dessen Augen wie beim Blick eines Menschen in die Seele führen. Das Tier, in der Industriegesellschaft, soweit nicht verwertbar, an den Rand gedrängt und fast anachronistisch geworden, als lebenskräftige Individualität sichtbar zu machen und deren Geltung ins Spiel zu bringen, ist die ziemlich radikale, beunruhigende Message dieser Bilder.

Friedrich Rothe

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Sigrid Nienstedt