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Im Januar 1995 stellte ich zum ersten Mal kleinformatige Ölbilder von Simon Lewis vor und seitdem habe ich seine Arbeit in unterschiedlichen Ausstellungskonstellationen und zuletzt (1999) in einer Einzelausstellung in meiner Galerie gezeigt.

Ich freue mich sehr, einen neuen Werkzyklus des britischen Künstlers, (Jahrgang 1965), in meiner Galerie vorzustellen. Neben zwei Miniatur-Malereien wird in dieser Ausstellung erstmalig eine Serie von ganz neuartigen Zeichnungen zu sehen sein.

Es war noch nie einfach, von Simon Lewis als von einem Maler zu sprechen, denn seine schockierend kleinteiligen und extrem langsam entstehenden Arbeiten enthielten sich aller Expressivität, alles Gestischen, jeder persönlichen Handschrift, die besonders in der letzten Zeit wieder zu den Hauptbestimmungsmerkmalen einer zeitgenössischen Malerei zu gehören scheinen.

Doch war Lewis` Bewegung keine des Rückzugs, auch nicht im Sinne der "klassisch" konzeptuellen Geste der Tilgung aller individuellen Merkmale. Was er nutzte, war das von den Superrealisten der siebziger Jahre zugunsten einer einfachen rhetorischen Repräsentation in marktgerechten Größen ignorierte Medium der Miniaturmalerei. Lewis fertigte in den letzten Jahren in einer ebenso atemberaubenden wie jede Autorschaft leugnenden Maltechnik, der es noch um das einzige Pigmentpartikel zu gehen schien, nur wenige winzige Bilder an, die sich vordergründig auf die räumliche Anordnung der Natur, der Landschaft richteten. Dabei ging es Simon Lewis, wie gerade in seinen Ausstellungen in meiner Galerie nachzuvollziehen war, zuletzt immer stärker auch um die Sichtbarmachung der Rahmenbedingungen, um eine dialektische Auseinandersetzung mit dem Phänomen des Bildausschnitts als einer industriell bestimmten Technologie der Erkenntnis.

Die Intelligenz seines künstlerischen Ansatzes liegt jedoch nicht allein in dem hohen Grad an Reflexion, die er nachvollziehbar seinen eigenen formalen Entscheidungen zumutet. Er wirkt auch durch einen strategischen Wechsel der von ihm verwendeten Medien der Gefahr eines sich selbst genügenden technischen Vollzugs entgegen.

Das zeigt sich besonders eindrucksvoll in Lewis neuer Serie von neun Zeichnungen in unterschiedlichen Techniken, die er jetzt im Kabinettraum der Galerie präsentiert. Der Titel, "The Book of Soundings", deutet für diese Blätter den größeren Zusammenhang eines Buches an ­ doch macht der erste Blick auf die Zeichnungen deutlich, dass dieses größere Bezugssystem noch im Entstehen begriffen ist. Sie haben, anders als sonst noch immer üblich für Zeichnungen, nicht den Charakter von Skizzen, Studien oder Beiwerk einer "großen" künstlerischen Produktion ­ sie kombinieren poetische Motive, Fakturen, materielle Grundmuster, mit denen sich Lewis in den letzten zwei Jahren beschäftigt hat und montieren sie zu einzelnen "Studien". Mit dem Begriff des "sounding", der wie von einem Echolot in die "Tiefe" der Gegenstandswelt abgestrahlten Aussendung von Schallwellen wird ein Lewis eigenes Erkenntnismodell skizziert: Erkenntnis beginnt mit einer einfachen aktiven Handlung, in diesem Fall der Zeichnung auf Papier, aber sie kann sich erst "verwirklichen", wenn sie auf einen materiellen Gegenstand trifft. Dass hier mit "sounding" keine optische, sondern eine akustische Metapher gewählt wurde, vermag den produktiven Skeptizismus den eigenen Mitteln gegenüber nochmals stärker in den Vordergrund zu rücken.

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