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Der britische Künstler Simon Starling bezieht sich in seinen Projekten auf Objekte oder Persönlichkeiten, die die Möglichkeiten und Ideen der Moderne verkörpern. Ausgehend von einer umfangreichen Recherche beleuchtet er die Bedeutung des Vokabulars der Moderne, sowie jene Strukturen, die diesem Mythos zugrundeliegen. Indem er die auratisch aufgeladenen Objekte verwandelt, rekonstruiert oder in andere Kontexte und Materialien überführt, stellt er Fragen nach ihren ursprünglichen Intentionen und Bedingungen. Seine Neudefinitionen betonen dabei nicht wie die Avantgarde den Bruch mit der Geschichte sondern ihre Fortschreibung und Variation.

In der raumbildenden Installation "Inverted Retrograde Theme" im Hauptraum der Secession reflektiert Simon Starling die Ideen der Zwölftonmusik, die der 1874 in Wien geborene Komponist Arnold Schönberg, entwickelt hat.

Wie bei den vorhergegangenen Projekten in Berlin mit Otto Lilienthal und in Ljubljana mit Joze Plecnik wählt Simon Starling mit Arnold Schönberg eine der herausragenden und bahnbrechenden Figuren der Moderne zum Ausgangspunkt seiner künstlerischen Auseinandersetzung. In "Inverted Retrograde Theme" wird die Struktur der Zwölftonmusik von Arnold Schönberg mit der modernistischen Architektur des Ausstellungsraumes und der Bauweise eines Klavieres in Beziehung gesetzt. Aspekte der Spiegelung, Umkehrung und Translokation, die für die Zwölftonmusik charakteristisch sind, werden auf die Installation übertragen, um einen neuen zeitgenössischen Blick auf die Moderne und das ihr innewohnende visionäre Potential zu lenken.

Zwölf Reihen Neonröhren, ein Flügel in zerlegter und einer in kompletter Form sind die funktionalen Komponenten dieser Arbeit. Die Leuchtstoffröhren, sonst Teil der zentralen Deckenkonstruktion des Hauptraums der Secession, sind demontiert und in den Raum abgehängt. Zeitgeschaltet flackern sie in vier verschiedenen Konstellationen auf und geben - quasi als visuelle Partitur - die Grundelemente der Zwölftonmusik Schönbergs wieder. Der mit dem Lichtsystem neu geschaffene Raum hat den rauhen Charakter einer Produktionsstätte und steht im Gegensatz zum White Cube des Ausstellungsraums. Innerhalb der improvisierten Werkstatt befinden sich zwei Flügel aus dem 19. Jh, von denen Starling einen zerlegt und in umgekehrter Form wieder zusammengebaut hat. Die verschiedenen umgebauten Bestandteile sind im Raum verteilt. Ein neuer in sich verkehrter Rohguß des Flügelrahmens und die zwei Hälften der zu ihrem Guß benutzten Form sind ebenso zu finden, wie der passende Korpus, der hölzerne Klangkörper und der Deckel. In Kombination lassen alle diese Fragmente die Vision eines spiegelbildlich konstruierten Flügels erkennen, bei dem die hohen Töne zu den tiefen werden und umgekehrt. Simon Starling überträgt damit die strenge Organisation und Systematik der Zwölftonmusik auf die Bauweise des Klaviers und forciert den Zusammenstoß der radikalen, musikalischen Struktur mit dem traditionellen Instrument.

Das Spiel mit kontextuellen Verschiebungen prägt auch Starlings Projekt "Rescued Rhododendrons", in der eine historische Entwicklung umgekehrt wird, und das Simon Starling als Videoinstallation in der Galerie der Secession zeigt. Die Videoarbeit handelt von der Rückführung der Pflanze "Rhododendron ponticum" an ihren Ursprungsort. Mitte des 18. Jahrhunderts vom Süden Spaniens in den Norden Schottlands importiert, gilt sie dort heute als Unkraut. Im Zuge einer Ausschreibung für ein Skulpturenprojekt in der schottische Landschaft erfuhr Simon Starling, daß die Rhododendren gerodet und ausgerottet werden sollten, um zu verhindern, dass sie die originale Öko-System der Heidelandschaft verändern. Starling konterkarierte dieses Vorhaben, und begab sich - in einem roten Volvo 240 Estate als Transportmittel - mit den Pflanzen auf die rettende Reise in ihre alte Heimat.

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Simon Starling