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Spielregeln
Kuratoren: Christian Kravagna, Hedwig Saxenhuber

Künstler: Josef Dabernig, Deimantas Narkevicius

Das Schöne am Fußball ist unter anderem das legitime Genießen des Vergessens. „Deutschland, ein Sommermärchen“ hat uns 2006 daran erinnert. „Wir sind Europameister“ plakatierte ein selbstverliebtes, aber wirtschaftlich schwaches österreichisches Bundesland schon Monate vor Beginn der Euro 2008. Während im Juni, wenige Meter vom Kunstraum entfernt, in einem beeindruckenden, aber ökonomisch prekären Stadion um den Aufstieg gespielt wird, zeigen wir mit „Wisla“ von Josef Dabernig einen Fußballfilm, der sich gerade jenen Phantasmen zuwendet, die dem ideologisch überhöhten Sportereignis eigen sind. Zwei Darsteller folgen als Trainer und Co-Trainer einer Fußballmannschaft dem fiktiven Ablauf eines „wichtigen“ Spiels. Die sparsam, aber gezielt eingesetzte Gestik der Akteure ist Katalysator von Handlungsmustern, welche innerhalb des Rahmenereignisses eines Fußballspiels Bedeutung haben. Sie wird zur Metapher sozialen Handelns, zum ambivalenten Ausdruck von Macht und Ohnmacht. Im Vorfeld der WM 2006 wurde aber auch intensiv über eine Schattenseite solcher Events diskutiert und entsprechend dagegen agitiert – Zwangsprostitution und Frauenhandel als Parallelökonomie zum Völker verbindenden Spektakel des Sports. Mit dem Film „Matrioskos“ von Deimantas Narkevičius stellen wir eine künstlerische Reflexion, nicht nur über diese Schattenwirtschaft, sondern auch über das Auskosten dieser Realitäten in den Massenmedien an die Seite des Fußballfilms. “Matrioskos” ist die Wiederaufführung einer fiktiven Geschichte im Stil eines Dokumentarfilms. Drei professionelle Schauspielerinnen, die an dem kommerziellen TV-Projekt „Matriojskas” des belgischen Fernsehsenders VTM beteiligt waren, geben das Szenario des Films wieder, als ob es Teil ihrer Biografie wäre. Die fiktive Erzählung, „auf einer wahren Geschichte beruhend“, wird als eine Dokumentation präsentiert, die den Erlebnissen der drei Individuen folgt. Was beide Filme verbindet, ist ein künstlerisches Nachdenken über das Verhältnis von „authentischen“ und „inszenierten“ Bildern und über die Lust an der Wiederholung immer derselben Bilder.

Wisla

A 1996, 16mm auf DVD, s/w, 8 min Regie, Buch und Produktion: Josef Dabernig Kamera: Thomas Baumann Schnitt und Ton: Josef Dabernig, Martin Kaltner Darsteller: Josef Dabernig, Martin Kaltner – Emil Brix, Jerzy Fedorowicz, Ludwik Mietta-Mikolajewicz, Rembert Schleicher

Matrioskos

LT 2005, Beta SP on DVD, color, 24 min Director and Production: Deimantas Narkevičius Cast: Indre Jaraite, Äemyna Asmontaite, Vilma Raubaite Camera: Audrius Kemezys Editing: Jonas Juozapaitis, Deimantas Narkevičius Sound: Sigitas Motoras Courtesy: Jan Mot, Brussels and GB Agency, Paris