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"Das Ziel moderner Malerei und Skulptur ist ein kreatives Experiment, eine Erfindung von Form, welches die Zunahme von Gelegenheiten stimuliert, die das tägliche Leben bereitstellt." (Kobro/Strzeminski) Splendor Geometrik zeigt eine Auswahl von Aktivitäten in der aktuellen Kunst, die sich auf eine neue Art und Weise der Abstraktion zugewandt haben. Die hier gezeigten Arbeiten wurden verbunden mit einer speziellen ’Architektur’, einem Raumdesign von Antje Majewski, das zu künstlerischen Modulen wurde, die der Ausstellung einen imaginären Rahmen geben, der signalisiert, dass es hier um eine besondere Behandlung einer Gruppenausstellung geht. Diese Elemente im Raum schaffen keine vereinheitlichenden Verbindungen, sondern weisen vielmehr auf die weit auseinander reichenden Charaktere der einzelnen Arbeiten, die in Polen, England und Deutschland entstanden sind. Dementsprechend schälen sich auch in einem ungewöhnlichen Maße die unterschiedlichen skulpturalen und bildlichen Sensibilitäten in den hier gezeigten Arbeiten heraus. Ein wiederkehrendes Motiv in den formalen Strukturen der Arbeiten in Splendor Geometrik ist der bewusst eingegangene Fehler, der entsteht, wenn räumliche Formen zu Illusionen werden, wenn eine Logik der Dreidimensionalität sich aus einer Zweidimensionalen entwickelt, oder unerwartet in diese zurückfällt. Das Bild "Suspended Construction (2), Katarzyna Kobro" von Antje Majewski zeigt eine Wiedergabe einer Skulptur der polnischen Konstruktivistin Katarzyna Kobro. Das Schicksal dieser Arbeit aus der Zeit der klassischen Moderne und deren originales Erscheinungsbild ist nicht mehr bekannt. Die für die heutige Skulpturbegriffe seltsam zeitgenössisch wirkende Arbeit wurde für dieses Projekt zu einem wichtigen Drehpunkt: In Kobros "Suspended Construction (2)" herrscht eine rätselhafte und unlösbare Verbindung von modernistischer Reduktion und Rhythmisierung mit symbolischen Zeichen wie dem Kreuz und dem Kreis, die an dem Objekt infinite Möglichkeiten der Deutungen zulassen. Das Objekt steht für einen Prozess, der ,- trotz der streng analytischen Theorie des "Unismus" des Künstlerpaars Kobro/Streminski, die die absolute Eliminierung von Illusion in der Malerei und Skulptur anstrebten -, immer in den Widersprüchen einer modernistischen Drastik endete. Die Tatsache, dass Antje Majewski in ihrem Gemälde die auratisierenden Spuren der rein im Foto erhaltenen Skulptur Kobros malerisch wiedergibt, macht dieses Bild zu einer Ikone dieser historischen Reizung und einer erneuten Bespielung des Grenzgangs zwischen Figuration und Abstraktion, zwischen Funktionalismus und Illusion.

Die in Splendor Geometrik präsentierten Arbeiten des polnischen Konzeptkünstlers Edward Krasinski scheinen, - als Teil einer Geschichte der Neo-Avantgarde der 60er und 70er Jahre -, ganz selbstverständlich aus der Denkweise und Haltung der polnischen Moderne heraus aufzutreten. Auch seine "Interventionen" und seine immer wiederkehrende blaue Linie im Raum "stimulieren die Zunahme von Gelegenheiten, die das tägliche Leben bereitstellt".

"I would stick it up in all sorts of weired places. If the strip is supposed to be everywhere, then let it be everywhere, not just in the Museum Ssztuki in Lodz or Galeria Foksal. It might turn up in a butcher's shop around the corner....the strip is independent from everything and everybody, from Communism and Solidarity, you name it. It just trickles in spite of all."(Edward Krasinski, 1997)

Krasinskis Arbeiten sind zwar sehr eigen in ihrer räumlich-grafischen Erscheinung. Aber sie sind zugleich mit einer eleganten Beiläufigkeit im gelebten Raum präsent. Das Deckengemälde von Monika Sosnowska zeigt ein geometrisches Muster als Substrat eines Dekors im öffentlichen Raum in Polen. Diese Dekors haben neben der propagandistischen Kunst oft willkürliche Ergebnisse modernistischer Formadaptionen hervorgebracht, die Sosnowska in ihren Arbeiten filtert. Spuren des realen alltäglichen Ursprungs dieser Muster wirken über die lokalen und zeitgebundenen Farben und architektonischen Träger, die Sosnowska in ihren Arbeiten benutzt, weiter. Aus ästhetisch ganz anderen Traditionen und Assoziationen entstehen die Arbeiten etwa von Eva Rothschild und Gary Webb. Gary Webb lässt in seinen maneristisch produzierten Skulpturen eine ganze Skala von historischen Designmomenten und skulkpturalen Geschichten zu neuen Bedingungen aufeinander prallen. Den zumeist schwarzen Skulpturen Eva Rothschilds haften dagegen immer Bedeutungen an, die jenseits der formalen Sprache liegen. Ähnlich wie bei den Arbeiten von Katja Strunz hat man das Gefühl, als würde der Formalismus hier eine Schwelle zu anderen Erzählungen und Welten bilden. Anja Schwörer benutzt mit ihren Photogrammen völlig ungerührt, und doch zugleich mit einer dem Medium und einer Historizität angepassten Strenge das bis auf äußerste ausgereizte Verfahren der Moderne, um ihm erneut Neues abzugewinnen. Schwörers Photogramme wirken nicht wie reine Formexperimente, sondern entwickeln vielmehr eine eigene enigmatische Tiefe. Nairy Baghramians Tuschezeichnungen und Plakate setzten sich aus gedanklichen Ruinen zusammen, hoffnungsvolle und dunkle Strömungen einer zurückversetzten Revolutionsästhetik und utopischer Visionen. Ihre Motive schweben wie Traumsequenzen in einem zeitlosen Raum, in dem das Agitatorische immanent und begehrenswert erscheint. Die Modedesignerin Ayzit Bostan hat für Splendor Geometrik ein Kleid entworfen, in dessen subtilen Design avantgardistische Formenrepertoires zu heutigen Bedingungen aufgeführt werden. Margarete Jakschik schließlich zeigt mit ihrer Fotografie einer Strandszene die einzige Arbeit in der Ausstellung, die auf der Ebene eines realistischen Motivs funktioniert und zugleich einen Weg weist, die Vorstellung von Abstraktion erweitert zu denken. Pressetext