press release only in german

Seit der Jahrtausendwende befinden wir uns am Wendepunkt eines historischen Medienbruches. In solchen Zeiten, - die auch frühere Jahrhunderte erlebten -, entwickelt der Mensch einen radikal neuen Subjektbegriff. Am Übergang von der analogen zur digital globalisierten Medienwelt beobachtet Panhans die besonders porös gewordenen Grenzen zwischen Innen und Außen, zwischen privat und öffentlich. Bei der inzwischen erreichten Volltransparenz der Person konstatiert er eine paranoide Grundstruktur von Subjektivität, die er mit klarem Blick für die Zwänge und Ängste unserer Zeit herausarbeitet.

Panhans beobachtet seine Protagonisten gern in beengten, bühnenartig inszenierte Situationen, in denen sie ganz bei sich sind und eine gewisse Besessenheit durch Sprache oder Selbstoptimierungs-Körpertraining zum Vorschein kommt. So zählt eine junge Frau Speiseangebote auf und beendet ihren rasanten Text mit einer ausgleichenden Yogaübung, so als neutralisiere sie durch Dehnübungen die zu schnell gesprochenen Worte. In der Arbeit „40 Zimmermädchen“ von 2007 sitzt eine junge Frau kerzengerade im Politessenkostüm am Lagerfeuer und macht sich über ihren ayurvedischen Ernährungstyp Gedanken. Sie ist die Heldin eines zeitgemäßen Frauenbildes. Ihr gegenüber sitzt der Antiheld aus einem Westernmärchen, der mit zerzausten langen Haaren, einen Stock schnitzend, elektronische Botschaften aus dem off zu erhalten scheint. Beide sind wie an unsichtbare Datennetze angeschlossen. Angesichts dieses ungleichen Paares wird dem Betrachter auf erschreckende Weise klar, wie tief er selbst bereits in der Absurdität des von außen bestimmten Lebens verstrickt ist.

Technisch bevorzugt Panhans Standkameras, vor denen sich das Geschehen lakonisch entfaltet. Es gibt keinen Schnitt, keinen Schwenk, keinen Zoom. Nur im Hintergrund rieselt der Schnee, flackert das Feuer, fährt ein Auto vorbei, drängen Menschen durch schmale Zugabteile. Jegliche Handlung scheint aufgehoben. Der übliche Schock-Charakter des schnellen Bildschnittes bleibt aus. Es entsteht eher ein »Zeitbild« als eine herkömmliche Filmnarration. Damit sind Bild und Text in ihrer Funktionsweise vertauscht: die Sprache wird zur bildgebenden Instanz. Über die Sprache fördert Panhans das Unbewusste zu Tage. Das Gesprochene ähnelt dabei dem Formen von Gedanken, dem Alogischen des Traums oder automatischen Gedankenniederschriften in unterschiedlichen Tempi: gereiht, beschleunigt, fragmentiert oder montiert.

In der Ausstellung sind Videoarbeiten aus den letzten zehn Jahren zu sehen, die zum Teil für das Haus am Waldsee neu entstehen.

only in german

Stefan Panhans
Too much change is not enough