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Im Herbst 2010 zeichnete sich ab, dass die Stadt Fürth in ihrer äußerst prekären finanziellen Situation weder einen Kulturpreis noch Förderpreise für Kultur für das Jahr 2011 vergeben konnte. Ein Jahr später ist noch offen, ob es wenigstens im Jahr 2012 wieder Preise und Förderungen für herausragende kulturelle Leistungen geben wird. Diese Entwicklung lenkt den Blick auf die Preisvergabe einer Kommune sowie auf bisherige Preisträger und Preisträgerinnen.

Wie alle sogenannten freiwilligen Leistungen erscheinen Kunst- und Kulturpreise auf der einen Seite als Ausdruck eines Überflusses. Bedacht werden sollte jedoch, dass die umstrittenen freiwilligen Leistungen den Unterschied machen zwischen einer bloßen Zivilisation und einem Kulturstaat, wie ihn verschiedene Landesverfassungen fordern.

Kulturpreise, von denen es nicht wenige gibt, machen bundesweit lediglich 1% bis 2% aller öffentlichen Ausgaben für Kultur aus. Die materielle Seite als eine Form von Grundsicherung kann getrost in Frage gestellt werden, denn selbst Hauptpreise, ganz zu schweigen von Förderpreisen, übersteigen in seltenen Fällen das Monatssalär eines Mitarbeiters der Führungsebene einer Kommune. Sieht man von der Tendenz vieler Preisgeber ab, sich mit einer Preisverleihung selbst zu feiern, dann bleibt die Ebene der Ermutigung, der Wertschätzung und der ideellen Förderung. Und diese Wirkung ist nicht zu überschätzen!

Der zweite „Blick zurück“, angestoßen vom Aussetzen eines Kulturpreises, gilt unbedingt den bisherigen Preisträgern. Da, wo Preisträger nicht aus politischen Gründen ausgewählt werden, sondern auf Empfehlung von Experten, bleibt erstaunlich lange ein Glanzlicht: Selbst „Förder-“ Preisträger sind Sterne der Heimat. Beispielhaft werden die Preisträger des letzten Jahrzehnte vorgestellt.

Sascha Banck, geboren 1980, Kulturförderpreis 2008 Ihr großformatiges Bild „Squirrel“ multipliziert alles, was ihre bisherige Malerei ausmachte: Lineares und Blockhaftes mischt sich mit Schriftfragmenten. Der englische Titel spielt wohl auf die Doppelbedeutung Eichhörnchen/Exzentriker an: Wie ein Eichhörnchen hat Banck eine Vielzahl an Formpartikeln versammelt, die sie derart verdichtet, dass sie im wahrsten Sinne des Wortes eine Exzentrik im Betrachter bewirken, eine Verrückung des Blicks. Oliver Boberg, geboren 1965, Kulturförderpreis 2000 Der Maler und Kulissenbauer (der fälschlicherweise oft als Fotokünstler betrachtet wird) spielt in seinen beiden brandneuen Arbeiten „Sitzecke“ und „Böschung“ wieder mit Atmosphären und unseren Erwartungen an die angebliche Glaubwürdigkeit der Fotografie. Wir sehen ein Objekt, eine Situation, von der wir annehmen, sie bereits einmal gesehen zu haben. Boberg zeigt die reale Umgebung als eine bloße „Kulisse der (Medien-)Erfahrung“ seiner Zeitgenossen. Christian Faul, geboren 1967, Kulturförderpreis 2000 Das Bild „00-0311 fblu“ (Öl auf Acrylglas/Aluminiumschichtplatte) zeigt schwebende Blüten ohne erkennbaren (Um-)Raum. Eine gegenständliche Malerei von großer Zartheit und Entrückung. Der Betrachter soll sich in einem ziellosen Schauen verlieren. Die Affinität zur traditionellen japanischen Philosophie ist hoch. Elke Fenneteau, geboren 1975, Kulturförderpreis 2006 Als leidenschaftliche Zeichnerin entwarf Elke Fenneteau bisher Andeutungen von Szenenbildern. So fragmentiert die Gestalten waren, es waren dennoch stets Figuren. Doch nun zeigt sie in einem neuen, größeren Format Blumenhaftes, spielt mit dem Changieren zwischen Pflanzlichem und Ornamentalem. Stille Arbeiten, die aus der blauen Stunde zu kommen scheinen. Sabine Härting, geboren 1975, Kulturförderpreis 2006 Die ausgebildete Theatermalerin hat seit der Förderpreisverleihung einen neuen Weg eingeschlagen: Vor fünf Jahren arbeitete sie noch streng figürlich, doch dann wandte sie sich der Abstraktion zu und ist heute bei experimentellen Erscheinungsformen von Malerei gelandet. Ihr Beitrag sind sogenannte Farbhäute, die in einem kalkuliertem Spiel mit dem Zufall entstehen, indem Acrylfarbe auf Riffelgläser u.ä. aufgebracht wird, wo sie in getrocknetem Zustand abgenommen werden kann. Bianca Schelling, geboren 1977, Kulturförderpreis 2010 Diese Malerin will das Sakrale und das Bedrohliche. Ihre hyperrealistische Malerei lenkt brachiale Architektur in präzise (Bild-)Bahnen. Mit ihrer Akribie fängt sie auratische Momente ein. Das Schwierigste scheint die Motivauswahl zu sein, danach braucht sie lediglich Geduld, um in wochen-, manchmal sogar monatelanger Arbeit ein Bild zu malen, bei dem sie durch die Beleuchtung Spannung in den Formen erzeugt. Peter Stutzmann, geboren 1975, Kulturförderpreis 2001 Er ist Steinmetz, Steinrestaurator, Bildhauer, Maler, Installationskünstler, Töpfer, hat aber auch schon Videos gedreht. In der Ausstellung zeigt Stutzmann eine Art Tatort in der Tradition des Environments/Tableaus. In der begleitenden Postkartenserie agiert er als das Opfer einer Altherrengang. Es ist nicht das erste Mal, dass er mit den Mitteln des Schocks eine morbide Szene entwirft. Paul Teutsch, geboren 1974, Kulturförderpreis 2005 Mit der Liebe für formale Strenge und ein distanziert-hermetisches Vokabular greift Teutsch, den man auf den ersten Blick als Konkreten oder Geometriker bezeichnen könnte, auf die Form einer Landminen-Gattung zurück („M-18 Claymore“), die grotesk vergrößert noch beunruhigender wirkt. Als gewissermaßen Umfeld auch der rein formalistischen Arbeiten bewirken Teutschs auf Krieg, Überwachung, Aggression zielende Skulpturen eine Verunsicherung des Betrachters, der ihretwegen die systematischen, sich Formproblemen widmenden Arbeiten auf ihre ‚Harmlosigkeit’ hin prüft.

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Sterne der Heimat
Kurator: Hans-Peter Miksch

Künstler: Sascha Banck, Oliver Boberg, Christian Faul, Elke Fenneteau, Sabine Härting, Bianca Schelling, Peter Stutzmann, Paul Teutsch