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Die amerikanische Malerin Sue Williams bleibt in allen Stadien ihrer Malerei einem Prinzip treu. Sie gibt vor, die Form in der Abstraktion aufzulösen, um gleichzeitig durch die gestische Pinsel-führung auf monochromem Hintergrund eine Körperlichkeit entstehen zu lassen. In der Ausstel-lung in der Secession werden Arbeiten der letzten zehn Jahre versammelt. Diese Zusammen-stellung ermöglicht, die malerische Entwicklung in Sue Williams Werk nachzuvollziehen.

In der feministischen Diskussion der 80er Jahre kam Malerei als Terrain für Frauen eigentlich nicht vor. Die Malerei wurde als die patriarchale Domäne schlechthin gehandelt, und die Bewertungskriterien der Malerei unterlagen tatsächlich so stark der männlichen Definitionsmacht, dass es vielen Frauen sinnvoller bzw. sogar strategisch klüger erschien, in Bereichen zu arbeiten, die bis dahin als weitge-hend unbesetzte Positionen zählten (Fotografie, Video, Performance). Sue Williams hat sich von vornherein des Mediums Malerei bedient. Letztlich auch dadurch, feministische Inhalte in die Malerei zu tragen, hat sie auf der Malerei als ein nicht per se frauenungeeignetes Metier bestanden.

Die früheren Bilder, Mitte der 90er Jahre entstanden, sind dem Typus der trivialen Bildergeschichte - Comics und Karikaturen - verwandt. Sie zeigen, als eine Art Labyrinth aller Obszönitäten, mit einer unverstellten Wut Szenen von Gewalt, sexueller Überschreitung und Missbrauch gegen Frauen und Kinder. Während die Motive allein oft nicht klarstellen, inwiefern die Szenen häuslicher Gewalt ledig-lich nachgezeichnet und sarkastisch zur Ansicht stehen gelassen werden, zeugen sie in Kombination mit fragmenthaften Sätzen und Kommentaren in den Bildern ganz eindeutig von einem Engagement.

Anfangs benennt Sue Williams explizit ihre Themen, sicher auch, um selbst die Klarheit ihrer Formu-lierungen zu finden. Im Lauf ihrer künstlerischen Praxis, in der nun ihre Inhalte auch so dezidiert benannt sind, verlagert sich ihr Interesse mehr auf den Gestus der Malerei, Pinselstrich und Farbe. In den späten 90er Jahren weicht das abbildende Moment in Williams Arbeiten zugunsten einer immer stärker werdenden Abstraktion, auch wenn sie Rhythmus und Bewegung ihrer frühen Gemälde beibehält. Die nun entstehenden Arbeiten enthalten keine begrifflichen Informationen mehr zu ihrer eigenen Erklärung.

Nachdem Williams die Worte aus ihrem visuellem Vokabular genommen hat, konzentriert sie ihre Aufmerksamkeit eigentlich ausschließlich auf maltechnische Inhalte. Gegenüber den früheren, comic-strip-ähnlichen, Arbeiten, ist es nun der expressive, farbige Pinselstrich selbst, der vor dem leeren Hintergrund zum assoziationsreichen Objekt wird. Ihre neuen Gemälde sind dominiert von kraftvollen Strichen, gebrochen durch die Andeutung menschlicher Anatomie, oft in Neonfarben, manchmal ver-wendet sie nicht mehr als drei oder vier Farben. Die zum Teil phallusförmigen Striche stehen in ihrer Vulgarität nicht nur der Erhabenheit, wie sie beispielsweise von den Vertretern des abstrakten Expressionismus angestrebt wurde, entgegen, sondern ironisieren im gleichen Zug in einer hohen malerischen Qualität die traditionell in der abstrakten Malerei herrschenden, patriarchalen Macht-strukturen.

Der Titel Art for the institution and the home bezeichnet einerseits den Spagat zwischen Beruf und Heim-arbeit, den viele Frauen nach wie vor ausführen müssen, andererseits formuliert der Titel den Vorwurf, dem sich die Malerei oft ausgesetzt sieht, dass sie nämlich nur noch einen dekorativen Gestus hat. Es bleibt in der Schwebe, wie stark Sue Williams mit dem Titel eine kritische Position einnimmt.

Die Ausstellung wurde in Kooperation der Secession und dem Institut Valencià d'Art Modern (IVAM) organisiert. Nach der Präsentation in der Secession wandert die Ausstellung nach Valencià.