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Sweet Bitter Symphony Tim Etchells & Vlatka Horvat / Sofia Hultén / Sven Johne / Ragnar Kjartansson / Liz Magic Laser 09.03.2013 – 19.05.2013

Die Ausstellung "Sweet Bitter Symphony" geht dem Auftauchen der Figur des Oxymorons in Werken zeitgenössischer Künstler nach. Dafür greift sie den Schmerz als eine der intensivsten, aber zugleich polyvalentesten menschlichen Empfindungen auf. Zwar kann er als erdrückende Last, als Aufschrei des Körpers oder der Psyche empfunden werden, doch die Empfindung von Schmerz ist nicht ausschließlich negativ behaftet. Die Lust, die aus körperlichen Drangsal erwächst, der erhebende Schmerz des Fakirs auf dem Nagelbett, zu lieben, dass es weh tut – jeder Mensch erlebt im Laufe seines Lebens schmerzhafte Situationen, die mit Freude, Glücksgefühlen oder gar Ekstasen einhergehen. "Sweet Bitter Symphony" vereint filmische Arbeiten wichtiger Gegenwartskünstler und fokussiert die Kehrseiten einer elementaren, menschlichen Empfindung, des Schmerzes. Sie zeigt ihn in seiner Diversität: in seiner Schönheit, seiner Attraktivität, seiner romantischen oder befreienden Natur. Das Interesse des Menschen und dessen (ungewollte) Verbindung mit dem Schmerz sind ungebrochen. Ob er nun wohl- oder wehtut, kurz oder von Dauer ist, abstößt oder anzieht – er geht tief unter die Haut. Tim Etchells & Vlatka Horvat sitzen in "Insults & Praises", aus dem Jahr 2003, Seite an Seite vor einem Spiegel. Abwechselnd loben und beleidigen sie sich, Liebeserklärungen wechseln sich mit abfälligen Begriffen ab. Der improvisierte Austausch von Lob und Beschimpfungen während der einstündigen Performance wirkt bisweilen wie ein Monolog. Eine Abfolge und Katalogisierung von Sätzen, die im Laufe der Beziehung gefallen sind, oder noch fallen könnten und jeweils den emotionalen Zustand der Verbindung neu definieren. Sofia Hultén zerschlägt in "Fuck it up and start again" aus dem Jahr 2001 eine Gitarre sieben Mal und setzt diese anschließend wieder zusammen. Der Wunsch, den Gegenstand endgültig zu zerstören und ihn in seine einzelnen Bestandteile zu zerlegen, scheitert an der stetig folgenden Reparatur des Musikinstruments. Genussvoll wird die beharrliche Zerstörung zelebriert und die mutwillige Zerlegung des Objektes mündet in dem vorstellbar schönstmöglichen Zerfall. Die Ankündigung der "Greatest Show on Earth" (2011) – eine von Sven Johne erdachte, surreale Zirkusaufführung – erzeugt widersprüchliche Bilder im Kopf des Zuschauers: Freude, Qual, Trauer, Angst und Euphorie wechseln sich ab. Auf einer Bühne im Spotlight stehend verspricht und beschwört die einzig wissende Person großartige Sensationen, die die Schönheit des Abgründigen enthüllen. Ragnar Kjartansson besingt in "Mercy" (2004) als Country-Sänger verkleidet den immer gleichen Satz: „Oh, why do I keep on hurting you?“. Ausstaffiert mit Elvis-Tolle und weißem Jackett begleitet er mit seiner Akustikgitarre die textlich reduzierte Selbstanklage. Er posiert mit dem Instrument vor der Kamera, um sich anschließend wieder abzuwenden und sich der köstlichen Intensität seines Leidens zuzuwenden. Die zur Bühnenshow gewandelte Wehklage gerät im Loop der Aufnahme und der endlosen Wiederholung der Textzeile zur Farce. Die Textfragmente, welche Liz Magic Laser in der Performance "I feel your pain - A Performa Commission" (2011) ihre Akteure in 14 Szenen sprechen lässt, stammen überwiegend von US-Politikern. Die Sequenzen, die sie zu einem Beziehungsdrama umformte, beruhen z.B. auf Ansprachen von Barack Obama oder der ehemaligen Gouverneurin von Alaska, Sarah Palin. Ihres ursprünglichen Kontextes enthoben, aufgrund der Wiederholung durch die Schauspieler und in einen Kinosaal verlegt, münden die Dialoge in ein bittersüßes Drama aus Annäherung und Entfernung.

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Sweet Bitter Symphony
Kuratorin: Stefanie Böttcher

Künstler: Tim Etchells & Vlatka Horvat . Sofia Hulten . Sven Johne . Ragnar Kjartansson . Liz Magic Laser