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Arnulf Rainer und Antoni Tàpies zählen zu den bedeutendsten zeitgenössischen Künstlern Europas. Beide sind mit zentralen Werken und Werkblöcken in der Sammlung Essl vertreten. Der Kurator und Schriftsteller Jean Frémon beschäftigt sich seit Jahren in Ausstellungen und Publikationen mit dem Schaffen der beiden Künstler. In den Galerieräumen lässt er erstmals rund 90 Arbeiten der beiden Künstler aus den Beständen der Sammlung Essl in spannungsgeladene Dialoge miteinander treten.

Das Werk von Arnulf Rainer (* 1929) ist bestimmt von häufig wechselnden Werkphasen. Ausgehend vom Surrealismus, lernt er in Paris 1951 die Malerei des Informell kennen. Er gelangt suchend nach der Möglichkeit, Malerei nach dem “Ende der Malerei“ weiterzuführen, zu den Übermalungen, in denen Auslöschung und Neubeginn miteinander verschmelzen. Persönliche Grenzerfahrungen, wie das Arbeiten bis zur völligen physischen Erschöpfung, Bewusstseinserweiterung und die Auseinandersetzung mit eigenen Ängsten und mit Geisteszuständen psychiatrischer Patienten sind Ausgangspunkte für seine Arbeit. Rainer verwendet Fotos, Grafiken, zum Teil auch fremde Kunstwerke für seine Übermalungen.

Die gestische Figuration der informellen Malerei in Paris und vor allem der Symbolismus in Spanien bestimmen das Frühwerk von Antoni Tàpies (* 1923). Später setzt der Künstler Farbe als Substanz ein und verwendet als Material unter anderem Erde, Leim, Gips, Sand, Teer und Schamotte. "Ich habe ein Bild immer als Objekt betrachtet, nicht als ein Fenster, wie das in der Malerei üblich ist". (Antoni Tàpies) Spirituell aufgeladene Symbole und Zeichen, Mauerkritzeleien und das Haptische des Materials verbinden sich zu seiner Bildsprache, einem Spannungsfeld zwischen leerer Fläche und gestalteter Form, Zufall und Ordnung.

Trotz der Verschiedenartigkeit ihres Werks verbindet die beiden Künstler neben ihrer Freundschaft auch ein gemeinsames Interesse am Spirituellen. Die Beschäftigung damit ist jedoch nicht an konfessionelle Religion gebunden, beide fasziniert viel eher die den Dingen des täglichen Lebens und der Malerei innewohnende spirituelle Qualität.

Das Kreuz, das im Schaffen beider Künstler häufig zu finden ist, versteht Tàpies als Ausdruck der Balance von Vertikalem und Horizontalem, Materie und Geist, Geburt und Wiedergeburt und mathematisches Zeichen. Nicht zuletzt bedeutet es für ihn auch eine Referenz auf den Anfangsbuchstaben seines Namens, der sich vom katalanischen Tàpia, Mauer, herleitet. Der Suche nach Balance bei Tàpies steht das Verständnis der Kreuzform bei Rainer als Stillegung der inneren Dynamik eines Bildes gegenüber. Die Dominanz eines rechteckigen Bildes wird durch die Gegenüberstellung von Vertikale und Horizontale aufgehoben, das Zentrum kommt zur Ruhe.

Das Spirituelle, die intensive Beschäftigung mit den Grundfragen menschlicher Existenz und dem Geistigen in der Kunst entsprechen auch dem besonderen Interesse des Sammlerehepaares Agnes und Karlheinz Essl. Das mag mit ein Grund sein, weshalb diese Künstler von ihnen so breit gesammelt werden.

Katalog TAPIES / RAINER - Porteurs de Secret Zur Ausstellung erscheint ein 170-seitiger Katalog in dt./engl. mit Texten von Jean Frémon, Barbara Catoir, Arnulf Rainer und Antoni Tàpies sowie mit einführenden Worten von Karlheinz Essl.

Pressetext

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TÀPIES / RAINER Porteurs de Secret
Arnulf Rainer und Antoni Tàpies
Kurator: Jean Frémon
Ausstellungsorganisation: Sini Zein