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Die Geschwindigkeit hat in der digitalen Welt der Medien eine neue Dimension erreicht. Waren es einst die Maschinen, die Eisenbahn, das Dampfschiff, das Automobil, die Rasanz neu definierten, so hat nach der Industrialisierung besonders die Entwicklung der Bild- und Kommunikationsmedien die Welt beschleunigt. Heute ist der Fluss der Bits auf den so genannten Datenautobahnen für das menschliche Erfassungsvermögen nicht mehr nachvollziehbar. Die Welt ist zu schnell, um wahrgenommen zu werden – ähnlich wie der Film vor mehr als 100 Jahren zu täuschen begann, als er 24 Bilder in der Sekunde vor das träge menschliche Auge projizierte.

In der Ausstellung „Tempo, Tempo!“ gehen wir daher der Frage der Wahrnehmung des Schnellen nach. Grund zu der Fragestellung gibt die Vielzahl an Beispielen in der Gegenwartskunst, die gerade den Film als Medium nutzen, um Geschwindigkeit zu einem erfassbaren Phänomen zu machen und unsere Wahrnehmung zu trainieren. So ist es die körperliche Erfahrung, die wieder bewusst eingesetzt wird, um zu visualisieren, inwieweit Geschwindigkeit doch an die Beweglichkeit unseres Körpers und die Wahrnehmungsleistung unserer Sinne gebunden ist. Den Einsatz des eigenen Körpers prüfen beispielsweise John Bock und Florian Slotawa in ihren Filmen „Trecker“, 2003 und „Museums-Sprints“, 2000-2001. Ein Gefährt der Landwirtschaft, ausgestattet mit geringsten PS, wird von Bock wie ein Hochleistungsmobil in Rennfahrermanier gelenkt. Slotawa agiert als Sprinter, allerdings wählt er statt einer Aschenbahn verschiedene Museen als Laufstrecke. Bedingungen unserer Wahrnehmung werden in verschiedenen Beiträgen gleichsam durch die Entschleunigung der Bilder beleuchtet. Das Anhalten und die starke Verlangsamung der Bilder thematisiert auch Eva Teppe in ihrem Video „Half Awake Half Asleep“, 2006, das einen fliegenden Höhenspringer zeigt. Das Vergnügen des freien Falls verzichtet auf jede technische Unterstützung und bezieht das Geschwindigkeitsempfinden wiederum auf das körperliche Erleben.

Folgende Filme werden in der Ausstellung gezeigt: - John Bock (D), Trecker, 2003, DVD - Peter Fischli/David Weiss (CH), Kanalvideo, 1992, DVD - Takehito Koganezawa (JP), Untitled (water), 2005, DVD - Christian Marclay (USA), Telephones, 1995, Video - Uriel Orlow (CH), Midday/Midnight (66° 33’), 2006, DVD - Roman Signer (CH), Kajak, Rheintal, 2000, DVD - Florian Slotawa (D), Museums-Sprint, 2000/2001, DVD - Eva Teppe (D), Half Awake Half Asleep, 2006, DVD und Audio CD - Thomas Bayrle, Stefan Seibert (D), Autobahnkopf, 1988/1989, 16mm - Christine de la Garenne (D), Dust, 2001, DVD

Um den Besucherinnen und Besucher ein ungestörtes Seherlebnis ermöglichen zu können, werden die Kunstfilme durchgehend in eigenen Räumen gezeigt.

Im Programm „Mittwochsfilm“ (mit Bar) sind begleitend zur Ausstellung jeweils von 20 Uhr an weitere Filme zu sehen, darunter Klassiker der 1920er Jahre und zeitgenössische Filme von Harun Farocki, Clare Langan, Takehito Koganezawa, Holly Zausner und Daniel Pflumm.

Am Mittwoch, 23. April, beginnt die Reihe mit Walter Ruttmanns experimentellem Dokumentarfilm „Berlin. Die Sinfonie der Großstadt“ aus dem Jahr 1927. (06.03.2008)

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Tempo, Tempo! Das Phänomen der Geschwindigkeit im Film
Kurator: Beate Kemfert

Künstler: John Bock, Fischli / Weiss, Takehito Koganezawa, Christian Marclay, Uriel Orlow, Roman Signer, Florian Slotawa, Eva Teppe, Thomas Bayrle, Stefan Seibert, Christine de la Garenne