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Der Blick unter ein Bett, eine Ansammlung abgestellter Schuhe, ein sicher verwahrter Bilderrahmen: ein Bild mit anarchischem Blick auf die Alltags- und Populärkultur Amerikas, alles in der Farbwirkung altmeisterlicher Malerei. Solche und ähnliche Bilder hat der "Fotograf des amerikanischen Südens" William Eggleston und damit die Farbfotografie zu einem künstlerisch geprägten Medium geformt. Die Fotografie steht heutzutage als gleichberechtigtes künstlerisches Medium neben Malerei, Plastik und Graphik. Künstler formulieren mit fotografischen Stilmitteln ihre Sicht auf die Wirklichkeit in "einer Balance zwischen Form und Inhalt" (Thomas Weski).

Den Auftakt zum Jahr der Fotografie in der Städtischen Galerie Delmenhorst bietet die Auswahl aus der hochkarätigen Fotografiesammlung der Niedersächsischen Sparkassenstiftung. Sie gibt einen Überblick über internationale Fotografietendenzen seit den siebziger Jahren. Wichtige Namen der Fotografiegeschichte sind in ihr vereint und werden in der Ausstellung gezeigt.

Ein Schwerpunkt der Ausstellung mit über 150 Arbeiten liegt auf der Konfrontation verschiedener Positionen zeitgenössischer Landschafts- und Industriefotografie. Impressionen der amerikanischen Landschaft aus dem Werk von Robert Adams und Stephen Shore als einem Vertreter der ortsbeschreibenden Farbfotografie sowie die in typologischer Strenge gesehenen Arbeiten von William Christenberry sind zu sehen. Die Typologien industrieller Bauten von Bernd und Hilla Becher werden spannungsvoll neben den reizlosen, einsamen und öden Landschaften mit einer bewussten Wahl der Perspektive von Simone Nieweg (Meisterschülerin von Becher) präsentiert. Die Ästhetik der Direktheit spiegelt sich auch in der visuellen Geschichte aufgegebener Orte wider, von denen Laurenz Berges in seinen Arbeiten erzählt, während Joachim Brohm in der Tradition von Eggleston und Shore topographisch urbane Randgebiete im Kontext der sich wandelnden deutschen Industriegesellschaft untersucht.

Zweiter Schwerpunkt der Ausstellung ist die Menschendarstellung. Geheimnisvolle Porträt- und Milieufotografien der amerikanischen Gesellschaft von Diane Arbus stehen neben einer Auswahl aus der Serie Women are beautiful des amerikanischen Fotografen Garry Winogrand, der den amerikanischen Alltag in einer betont radikalen Bildsprache erkundet. Meisterhaft sind die selbstironischen Schatten- und Spiegelbilder von Lee Friedlander in ihrer subtilen Brechung und der permanenten Hinterfragung, während die sensible, technisch hervorragende Porträtserie The Brown Sisters von Nicholas Nixon das Phänomen der Zeit und der Vergänglichkeit dokumentiert. Die Distanz des Beobachters nimmt Patrick Faigenbaum bei seinen Fotos italienischer Noblesse ein, während Bernhard Fuchs Menschen seiner oberösterreichischen Heimat in eine vertrauensvolle Beziehung zwischen Fotograf und Dargestellten treten lässt. Die Haarbilder von Tamara Grcic bieten eine Nahansicht des menschlichen Körpers, die vorgebliche Nähe zeigen, während Thomas Ruff mit Brustbildern seiner Freunde mit der Präzision erkennungsdienstlicher Aufnahmetechnik zu arbeiten scheint. Serielles Arbeiten zum Thema Frauen zeigt eine Installation von Michael Schmidt. Shomei Tomatsu hingegen fordert mit symbolisch aufgeladenen Fotografien die Auseinandersetzung mit sozialen Fragen der japanischen Gesellschaft.

Wiebke Steinmetz

Es liegt ein Katalog vor.

Pressetext

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Tendenzen internationaler Fotografie
Sammlung Niedersächsische Sparkassenstiftung

mit Robert Adams, Diane Arbus, Bernd und Hilla Becher, Laurenz Berges, Joachim Brohm, William Christenberry, William Eggleston, Patrick Faigenbaum, Lee Friedlander, Bernhard Fuchs, Tamara Grcic, Simone Nieweg, Nicholas Nixon, Thomas Ruff, Michael Schmidt, Stephen Shore, Shomei Tomatsu, Garry Winogrand, u.a.