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Vielsagend verweist der Ausstellungstitel ‘folktales’ zum einen auf zauberhafte Märchenwelten, die von vertrauten und zugleich dunklen, wilden Geschöpfkompilationen aus Mythologie, Volksmärchen, Comic und Science Fiction bewohnt werden. Zum anderen setzt sich Strode spielerisch mit einem postmodernen Paragone — Gedanken, dem Wettstreit zwischen Wort und Bild auseinander, indem er comicartige Grapheme in fiktive Bilderwelten einbaut: in seinen aquarellierten Zeichnungen dominiert die Farbe über das rein graphische Element. Strodes besondere künstlerische Stärke liegt in der Absorption aller denkbaren Strömungen und Stile, in der virtuosen Invasion fremder Zeiten und Orte, die in ihrer Summe dem Überbegriff des Fantastischen zugrunde liegen, in dem Unheimlichen und Surrealen, dem Grotesken, Skurrilen und bis zur Karikatur tendierenden, leicht Süßlichen. Phantasie als Grundelement jedes künstlerischen Schaffens ermöglicht dem Künstler, “…die neuen Kräfte der Imagination nach Belieben durch die grenzenlosen Räume der Vorstellung schweifen zu lassen und damit erregendere Situationen zu erschaffen…” (H. Walpole, 1764). Es ist jene verkehrte Welt, die mundus inversus, die sich in Thaddeus Strodes Zeichnungen dem Betrachter eröffnet und gleichermaßen Bühne des Vergnügens und Schreckens ist, wo sich “… das schöne Schreckliche in das schrecklich Schöne wandelt” (Mario Praz, 1971), sich die Vorstellungen von der Ordnung der Natur oder Gesellschaft in ihr Gegenteil wenden.

Strodes Zeichnung “A Cruel Joke, A Cruel Sea …” (2003) zeigt einen lachenden Flusskrebs, der mit mächtigen Scheren aus seinem Schneckengehäuse herauslugt, menschlich in Gesichtszügen und Habitus ist und von den Worten ‘A Cruel Joke’ und ‘A Cruel Sea’ gerahmt wird. Ebenso gesellt sich in “When The Creatures Sleep And The Serpents Rise”‚ (2003) das Harmlose beiläufig dem Grausamen: inmitten eines uferlosen Meeres, umgeben von Seeungeheuern, versendet eine Männergestalt mit nacktem Oberkörper und brennender Kerze in erhobener Hand Botschaften per Flaschenpost an unbekannte Adressaten. In seinem 2004 entstandenen Bild “The North: War Of The Gargantuas” skizziert Strode die mythologische Gestalt des Nordwindes Boreas bärtig, mit wirrem, struppigem Haar, flankiert von Gnomen und Unholden zu einem ‘nie zuvor erlebten Spektakel’. Die Kerze des Meergottes taucht als Vergänglichkeitssymbol erneut in “The Reader” (2002) auf, hier jedoch als Ausdruck des eigenen zeitlich begrenzten Seins: die körperliche Hülle der Figur verflüssigt sich zu einem Meer aus unzusammenhängenden Worten und massig aufgestapelten Büchern. In “Saga” (2003) bannt Strode den Betrachter durch spannungsgeladenen Bild- und Sprachzauber in eine stark assoziative Wortwelt von ‘Listen’, ‘Sleepwalker’, ‘Welcome’ und ‘End’.

Thaddeus Strode ist 1964 in Santa Monica, Kalifornien, geboren und studierte bis 1986 am California Institute of the Arts. 1992 erhielt er das WEST AF/NEA- Stipendium und hatte zahlreiche Ausstellungen in Amerika und Europa. Strode lebt und arbeitet in Los Angeles.

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