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Am Anfang stand eine kleine und ganz persönliche Idee: Ein schönes Bild seiner Eltern. Entstanden ist daraus ein ungewöhnliches Portrait, das den Foto- und Konzeptkünstler Thái-Công in drei auf einander Bezug nehmenden Arbeiten auch auf die Suche nach Identität und Authentizität in der Fotografie geführt hat. Ab 17. Dezember 2004 wird diese Trilogie jetzt erstmalig in ihrer Gesamtsicht im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg zu sehen sein. Zur Einführung zeigt das Museum einen Ausschnitt von 10 großformatige Aufnahmen aus dem bereits 2002 entstandenen Teil I „MY PARENTS – Eine Hommage an die Mode, die Fotografie und das Leben“. Eine ganz andere Sicht auf die Eltern präsentiert Teil II „MY PARENTS IN VIETNAM“, 80 Fotografien von Thái-Công, die in den drei Haupträumen des MKG ausgestellt werden. In dem 26 Meter langen Gang werden im Teil III „MY PARENTS FOR EVERY DAY“,1000 tägliche Polaroid-Selbstbildnisse der Eltern zu sehen sein, die über einen Zeitraum von drei Jahren entstanden sind und chronologisch in einer Zeitline aufgehängt sind.

Mit THÁI-CÔNG, MY PARENTS – Eine Hommage an die Mode, die Fotografie und das Leben konfrontierte der Foto und Konzeptkünstler Thái-Công in einem ersten Projekt im Jahr 2002 die Persönlichkeit seiner Eltern mit der künstlichen Modewelt. 30 mal inszenierte er sie mit 29 ausgesuchten Fotografen in verschiedenen fotografischen Stilen: von Mode- über Portrait- bis zur Landschaftsfotografie. Unter Verwendung der neuesten Kreationen bekannter Modelabels wie Gucci, Versace oder Hermés entstand so eine Serie kunstvoll und detailgenau gestalteter Aufnahmen, die Schein und Sein der Modewelt und den Kontrast zwischen Selbstinszenierung und Schönheitskult spielerisch visualisieren und wahrnehmbar machen. Gerade die stilistische Vielzahl und Verschiedenartigkeit der Bilder bringt den Betrachter in Verwirrung. Denn so bleibt die wirkliche Persönlichkeit der Eltern verborgen.

Überlagert die aufwendige Inszenierung die Identität der Eltern? Wird sie von der ausgeklügelten Lichtsetzung überstrahlt oder gar ausgeblendet? Oder nivelliert die digitale Überarbeitung der

Bilder am Computer das im echten Leben gereifte Persönlichkeitprofil? Diese aufgeworfenen Fragen hat Thái-Công mit einem weiteren Projekt zu beantworten versucht: Wird die Persönlichkeit der Eltern deutlicher sichtbar, wenn der Sohn die Eltern fotografiert? Nicht im Studio. Nicht inszeniert. Ungeschminkt. Werden wir sie besser kennen? Weil er ihnen jetzt näher kommt, als alle anderen Fotografen? An einem Ort, wo sie sich wohlfühlen? Wo sie zuhause sind? Aus dem Alltag heraus?

Um dies zu überprüfen, setzte Thái-Công das Projekt “My Parents” fort. Es führte ihn und seine Eltern in die Heimat. Nach Vietnam. Er gab dem zweiten Teil den Titel: „MY PARENTS IN VIETNAM.“ 30 Tage begleitete er sie mit der Kamera durch das Land und ließ seine Eltern sich selbst inszenieren. Einen Monat lang dokumentierte er das Leben vor Ort: Momentaufnahmen aus dem Alltag, Straßenszenen, Feste. Die Eltern beim Wiedersehen mit Freunden, beim Cyclo-Fahren. Begegnungen mit Menschen ihrer Heimat.

Die Bilder zeigen ein Vietnam weitab der in unseren Köpfen gespeicherten Klischees der früheren Kriegsbilder oder der kommerziellen Tourismus-Romantik. Auf den Spuren der Eltern ist ein ganz persönliches Portrait von Vietnam entstanden. Zwischen Realität und Fiktion. Ein persönlicher Reiseführer, den man auch wie ein Familienalbum lesen kann.

Thái-Công lichtete Vietnam und seine Eltern jedoch nicht nur im dokumentarischen Sinne ab. Er kreierte mit seinen Bildern eine ganz eigene Sprache: Den Kolonialstil der Gegenwart. Eine in Szene gesetzte Reportage. Der Leinenanzug von Papa oder das Safari-Kostüm von Mama stammen nicht aus dem Kostümfundus, sondern den aktuellen Kollektionen von Modehäusern wie Armani oder Prada. Damit kontrastiert Thai-Cong bewusst den westlichen Zeitgeist mit der östlichen Kultur der Vergangenheit und Gegenwart.

Thái-Công folgt dem Blick seiner Eltern. Wie bewegen sich zwei Vietnamesen, die seit 20 Jahren in Europa leben, in ihrer ursprünglichen Kultur? Sind sie eher Touristen oder Heimkehrer? Wie begegnen sie ihren Familien, ihren Freunden, ihrer Stadt? Als ein Spannungsfeld der Gegensätze und Beeinflussung, dem er selbst und noch viel mehr die Generation seiner Eltern ausgesetzt sind. Die Kraft dieser Bilder erwächst dem inspirierenden Spannungsfeld zwischen östlichen und westlichen Kulturen. Das Charisma der lebenserfahrenen Gesichter von Thái-Côngs Eltern, in der Kulisse eines Landes, das so viel durch gemacht hat, geben den Fotos ihre Tiefe und Einzigartigkeit.

Der dritte und letzte Teil der Trilogie trägt den Titel MY PARENTS FOR EVERYDAY und kontrastiert die inszenierte Perspektive des ersten Teils und den individualisierten Blick Thài-Côngs auf seine Eltern in Teil zwei mit der Eigensicht der Eltern, die sich für Teil drei seit Januar 2001 mit einer handelsüblichen Polaroidkamera täglich selbst porträtiert haben. Entstanden sind dabei bisher über 1000 Polaroid-Selbstbildnisse, auf deren Vorderseite, Ort, Datum und Uhrzeit der Aufnahmen dokumentiert sind.

So ist eine Trilogie entstanden, die sich aus drei eigenständigen Arbeiten zusammensetzt, die aber gerade in der Gesamtsicht über den familiären Kontext hinaus, die Authenzität in der Fotografie, die Glaubwürdigkeit von Bildern und dereren Transformation von Wirklichkeit thematisiert.

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