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The Institute of Queer Ecology Hysteria

4. März - 4. Juni 2023

Das Institute of Queer Ecology (IQECO) ist ein sich fortlaufend weiterentwickelndes kollektives Netzwerk, das der Öffentlichkeit alternative Wege zur Bekämpfung der Umweltzerstörung nahebringt. Die Projekte des IQECO sind interdisziplinär, stützen sich auf das theoretische Gerüst der Queer Ecology – einer adaptiven Praxis, die sich mit den Spannungsfeldern von Verbundenheit, Intimität und der Beziehung zwischen mehreren Arten beschäftigt. Die Queer Ecology hilft uns dabei, uns selbst, unsere Umwelt, unsere Biologie und unsere Kooperationen aus einer queeren Perspektive zu betrachten. Sie lehrt queere Strategien der Transformation und Symbiose – Wandlungsfähigkeit und Wechselseitigkeit. Diese Strategien bieten uns eine Grundlage für die Wiederbesiedlung und Wiederherstellung eines Planeten Erde, der tiefgreifenden und rasanten Veränderungsprozessen unterworfen ist.

Hysteria ist eine neue Mehrkanal-Videoinstallation von IQECO, die in der Kestner Gesellschaft uraufgeführt wird. Die Installation setzt Videobilder, Bewegung und Ton ein, um das Phänomen der kaum verstandenen „Tanzwut“, die zwischen dem 10. und 17. Jahrhundert in Europa wütete, auf öko-feministische Weise neu nachzuerzählen. Die von der Tanzwut befallenen Tänzerinnen werden auf subtile Art und Weise als subversive Agenten dargestellt, da deren eigener Beitrag zu der Verseuchung und Kontaminierung der Umwelt die Ursache für diese wilden, manischen Aufstände ist.

Die Tanzwut (auch Tanzkrankheit, Choreomanie und Tarantismus genannt) waren spontane soziale Phänomene, bei denen Menschenmengen, die manchmal in die Tausende gingen, unkontrolliert und hemmungslos tanzten. Die Manie betraf Menschen jeden Alters und Geschlechts, und manche von ihnen tanzten, bis sie vor Erschöpfung zusammenbrachen, sich verletzten oder sogar starben. Obwohl das Phänomen gut dokumentiert ist und über mehrere Jahrhunderte hinweg eine Vielzahl von Menschen betroffen hat, sind diese choreomanischen Ereignisse noch immer kaum verstanden. In einigen gegenwärtigen Theorien werden ausdrücklich ökologische Faktoren als wahrscheinlicher Ursprung für diese choreomanischen Ereignisse genannt. Einem Szenario zufolge könnte Ergotismus – eine vom Mutterkornpilz hervorgerufene Vergiftungserscheinung, damals auch Antoniusfeuer genannt – für die weit verbreiteten psychosozialen Unruhen verantwortlich sein. Der Mutterkornpilz breitet sich klimabedingt in den feuchten Perioden nach Überschwemmungen und in regenarmen Jahren auf Roggen und andere Getreidesorten aus. Die Fruchtkörper dieses Pilzs können Halluzinationen und Krämpfe verursachen, wenn sie gegessen werden.

In seiner jüngsten Arbeit beschäftigt sich das IQECO mit der Frage nach einer verschwindenden „Natur“ aus dem Blickwinkel einer queeren Zukunftsweise. Die Künstlerinnen nehmen eine Position des kritischen Optimismus ein, zum Teil als Bewältigungsmechanismus für den Schmerz, in einer biodiversen Welt zu leben, sie zu lieben, die unbestreitbar ausgelöscht wird.

Das Institute of Queer Ecology wurde 2017 gergründet und wird heute von Lee Pivnik und Nicolas Baird geleitet. Bisher hat das IQECO mit über 130 verschiedenen Künstlerinnen zusammengearbeitet und präsentiert ein interdisziplinäres Programm, das zwischen dem Kuratieren von Ausstellungen und der direkten Produktion von Kunstwerken pendelt. Das Kollektiv besteht für dieses Ausstellungsprojekt aus Lee Pivnik, Nicolas Baird, Maya Bjornson, Dasychira (Adrian Martens), Aimee Lin, Juan Luis Matos, Nadia Hannan, Juan Heilbron und Daniel Ayat.

Das IQECO hat bereits Projekte mit dem Guggenheim Museum (New York, New York, USA), dem Institute of Contemporary Art (Miami, Florida, USA), der Julia Stoschek Collection (Düsseldorf, Deutschland), dem Medellín Museum of Modern Art (Medellín, Kolumbien), dem Museum of Contemporary Art (Belgrad, Serbien), der Biennale von Sydney (Australien), Prairie (Chicago, Illinois, USA), Bas Fisher Invitational (Miami, Florida, USA), Gas Gallery (Los Angeles, Kalifornien, USA) und Vox Populi (Philadelphia, Pennsylvania, USA) realisiert.

Kurator: Alexander Wilmschen