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Zur ART COLOGNE 2007 und den Kölner Premieren zeigt die Galerie Boisserée unter dem Ausstellungstitel "The Medium is the Message" Arbeiten der Künstler Patrick Caulfield, Michael Craig-Martin und Julian Opie, die zu den wichtigen Vertretern der britischen zeitgenössischen Kunst gehören. Die Ausstellung umfasst ca. 70 Exponate druckgraphischer, computeranimierter und am Computer realisierter Arbeiten.

Die Arbeiten erinnern an die stilistischen Konventionen der Pop-Art. Caulfield, Craig-Martin und Opie interessieren sich jedoch weniger für die Themen der Massenkommunikation. Sie interessieren die vielfältigen Möglichkeiten der Darstellung, die ihnen die neuen Medien und Medientechnologien bieten. Sie bedienen sich der Computer, der Mittel digitaler Bildbearbeitung, der vielfältigen Kombinationsmöglichkeiten und nutzen aufwendigste drucktechnische Verfahren. Sie haben eine eigene, universelle Bild- und Formensprache der modernen Welt entwickelt. Es ist die Form, die dem Inhalt seine Bedeutung gibt. Gemeinsam sind ihren Arbeiten die Reduktion auf das Wesentliche, die Zeichenhaftigkeit, die klaren Umrisslinien, die comic-hafte Linienführung, die klare, monochrome Farbgebung, die fast geometrische Strenge, die unmittelbare Präsenz. Ihre Bilder begreifen das Wesen der Dinge und Figuren in ihrer einfachsten Form. Die Bedeutung wird durch den Kontext, der sie umgibt, immer wieder neu bestimmt. Die so einfach dargestellten Dinge, Räume und Personen sind voller Anspielungen und Andeutungen und immer wieder bleibt es dem Betrachter vorbehalten, das im Werk Angelegte zu ergänzen und zu vollenden.

Der englische Künstler Julian Opie gehört einer Generation junger Künstler an, die mit erfinderischer Neugier neue Materialien, Medien und Ideen einführen und bereits vorhandene oder noch zu findende technische Möglichkeiten ausloten. 1958 in London geboren, studierte er dort am Goldsmiths College of Art und erhielt 1984 durch seinen Aufsehen erregenden Beitrag auf der Kasseler documenta 8 internationale Anerkennung. Seit über zwei Jahrzehnten zählt er zu den bedeutendsten Vertretern der englischen Gegenwartskunst und hat zahlreiche Auszeichnungen erhalten, 2001 die Auszeichnung der Music Week CADS für die beste Illustration „Best of Blur“. Seine Arbeiten befinden sich in weltweit wichtigen Sammlungen und Museen. Seit Anfang der neunziger Jahre entwickelt Opie seine Bilder am Computer. Er bedient sich der Mittel digitaler Bildbearbeitung und der vielfältigen Kombinationsmöglichkeiten des Mediums. Modell steht ihm jedoch die Realität. Opies unverkennbare Bildsprache besteht in der Reduktion individueller Merkmale der menschlichen Figur auf wenige Striche. In derselben Weise werden auch Landschaften, Architektur und Objekte verknappt. Opie verwandelt auf diese Weise ganz individuelle Gegenstände in universelle piktogrammartige Zeichen. Die Porträts zeigen Opies am Comic geschulte Kunst, mit nur wenigen Linien Physiognomie anzudeuten. Es entstehen piktogrammartige Porträts. Grundlage für die Porträts sind Fotovorlagen, die Opie zunächst einscannt und dann mithilfe eines Computerprogramms umarbeitet. Wesentliches wird betont, anderes weggelassen. Das Subjekt wird auf charakteristische Eigenarten der Physiognomie reduziert, Details werden vergröbert. Mit den schwarzen Konturlinien, farbig monochromen Hintergründen sowie Punkt- und Strichkürzel für Augen, Nase und Mund erinnern sie an die Porträts von Comic-Figuren. Dennoch scheinen die charakteristischen Gesichtszüge der Personen durch die plakative Vereinfachung noch deutlicher hervorgehoben. „Für jede Person, die ich zeichne, versuche ich ein universelles Symbol zu schaffen“: prägnanter hätte Julian Opie das eigene Schaffen nicht charakterisieren können. Die Galerie Boisserée versammelt einige von Opies viel beachteten Porträts und menschlichen Figuren, in denen er ganz bewusst die Grenzen der Stilisierung auslotet. Julian Opie stellt den realen Körper eines Modells in einer Weise dar, wie er uns aus der Werbung geläufig ist. Es geht nicht darum, eine Bekannte zu skizzieren, sondern um ein stereotypisches Bild von Weiblichkeit. Monochrome Hintergründe, Vinyl-Glanz und klare Umrisse bestimmen diese Ästhetik, in der sich die Körper zu einem Zeichensatz der Sinnlichkeit vereinfachen. Dabei fügt sich Abstrahiertes unvermittelt neben Konkretes. Mit der Serie „This is Shahnoza“ (2006) artikuliert Opie sein Interesse an der menschlichen Figur und ihren Bewegungen neu. „A more dynamic pose“ sollte die Darstellung auszeichnen. Hierfür dokumentierte er anhand von über zweitausend Fotografien und mehrstündigen Videofilmen die Bewegungen der Stripteasetänzerin Shahnoza, die er in einem Londoner Nachtclub auf der Suche nach einem passenden Modell kennen lernte. Opie zeichnete detailgetreu die Drehungen und Wendungen des tanzenden Körpers, seine exhibitionistischen Gesten und erotischen Stellungen auf. Anschließend analysierte und reduzierte er die Posen, indem er sie am Computer mit dem Zeichenstift überarbeitete. An das Setting des Striptease erinnert lediglich die Stange, um die die Stripperin tanzt. Gleichzeitig dient die Stange als kompositorisches Element der Bilder. Imagination, wie Opie in einigen seiner Werktitel andeutet, ist zur Technologie geworden. „Im Winter 2003 wurde ich gebeten, mir etwas für ein Formel-1-Team auszudenken. Zuerst widerstrebte es mir, eine so spezifische [...] offensichtliche Aufgabe anzunehmen. Am Ende konnte ich nicht widerstehen, eine richtige Rennstrecke und Rennfahrer in Rennkleidung zu zeichnen. Der Tag, an dem ich die Fahrer fotografieren wollte, war unglaublich verregnet und die Fahrrunde wurde abgesagt. Nachdem ich drei Fahrer mit und ohne ihre Helme fotografiert hatte, wurde mir gesagt, ich könnte die Rennstrecke besichtigen, aber nur, wenn ich mit meinem eigenen Auto führe. Ich war zufrieden mit den Fotos, die ich machte, aber sie wirkten alle sehr grau und nass. Das sah zwar okay aus, aber es passte nicht zu dem Projekt, deshalb bat ich darum, dass Fotos von anderen Rennstrecken überall auf der Welt gemacht und mir gemailt würden. Dann benutzte ich die Farben von diesen Fotos für die fertigen Bilder. Es gibt ein Tool in dem Computerprogramm, das ich benutze (Illustrator 9), mit dem man Farben direkt von einer digitalen Fotografie übernehmen kann. Auf diese Weise fange ich an, die Farben für Landschaften und manchmal für das Haar in einem Porträt auszusuchen.“ (Julian Opie) Mit den Arbeiten „Imagine you are walking“ geht Opie die Frage des Übergangs zwischen Kunst, Skulptur und Architektur direkt an, wobei die virtuelle Realität den Standort liefert.

Michael Craig-Martin, 1941 in Dublin geboren, ist einer der wichtigsten und einflussreichsten Künstler der englischen und irischen Kunstszene. Er wuchs in den Vereinigten Staaten auf und studierte dort an der Yale University School of Art and Architecture, verbrachte jedoch die meiste Zeit seines Lebens in Großbritannien. Von 1974–1988 lehrte er am Goldsmiths College London. Zu seinen Schülern gehörten unter anderen Liam Gillick, Damien Hurst und Julian Opie. Von 1989–1999 war er Mitglied im Kuratorium der Tate Gallery. Seit 1969 hat er an zahlreichen britischen und internationalen Ausstellungen teilgenommen, 1972 an der bahnbrechenden Ausstellung britischer Konzeptkunst „The New Art“ in der Hayward Gallery London. Seitdem stellt er weltweit aus und entwarf große Wandgemälde für Museen, Kunstvereine, Galerien und Kirchen. Craig-Martin ist ein konzeptioneller Künstler. Für ihn ist die Frage der Präsenz von Kunstwerken eine wichtige, wenn nicht die zentrale Idee seines gesamten Schaffens. Sein Projekt besteht seit nunmehr 40 Jahren darin, die vielfältigen Auffassungen unseres Verhältnisses zu den Dingen, die wir herstellen und die uns umgeben, zu „verkomplizieren und zu exponieren und gleichzeitig scheinbar zu vereinfachen“. Er entschied sich, reale Objekte zum Gegenstand seiner Bilder zu machen. Es handelt sich um schlichte Anordnungen alltäglicher Gegenstände. Es sind „Gegenstände, die [...] alle sehr alltäglich, gut wiedererkennbar, künstlich hergestellt, reproduzierbar und maschinell gefertigt“ sind, wie er selbst sagt. Mobiltelefone, Computer, Stühle, Tische, Stifte, Eimer, Brillen, Sicherheitsnadeln, Turnschuhe, Musikinstrumente, Bücher. Dinge, die in der Absicht ausgesucht wurden, über eindimensionale Interpretationen hinauszugehen. Es sind Objekte unserer Zeit, gleichzeitig aber wirken sie zeitlos in ihrer auf die Linie reduzierten Form, in ihrer schwerelosen Monumentalität. Die grundlegende Auseinandersetzung mit Fragen über das Wesen der Kunst ist Craig-Martin wichtig. Ihn interessieren die Darstellung, die Rolle des Künstlers und die des Betrachters. So finden wir in seinem Werk immer wieder Bezüge zu kunsthistorischen Vorlagen; zum Beispiel zu Piero della Francesca (1415/20–1492) und Georges Seurat (1859–1891). In seinen Bildern und neuen Computerarbeiten sind ihre Arbeiten häufig wiederkehrende Motive der De- und Rekonstruktion. „Deconstructing Piero“ zeigt Piero della Francescas Arbeit „Die Geißelung Christi“ (um 1462). Rechts im Vordergrund stehen drei Männer. Zurückgesetzt neben den drei Figuren findet in einem klassisch schönen, perspektivisch genau berechneten Raum, die Geißelung Christi statt. Jedes Maß, die Höhe der Säule, der Gestalt Christi, die Türen des Hintergrunds und selbst die kleine Treppe links besitzen Bedeutung. Sie soll die Scala Sancta des Lateran darstellen. Die drei Porträts und die Szene der Geißelung wirken wie zwei Bilder nebeneinander, von denen jedes seine eigene Lichtquelle besitzt. Doch in der damaligen Vorstellung bildeten sie durchaus eine Einheit. Es ist die Form, die erst dem Inhalt seine Bedeutung gibt. Und hier setzt Craig-Martin an, wenn er das Werk Piero della Francescas unter einem bestimmten Blickwinkel betrachtet und mit den Mitteln moderner Bildbearbeitung die Intensität der Gestaltungskraft hervorhebt. An den Werken der Frührenaissance waren für ihn vor allem zwei Dinge wichtig: „erstens die Entwicklung einer hochkomplexen Bildersprache, bei der Beobachtungsgabe und Fantasie in einer nahtlosen Synthese von Kunstfertigkeit und Realismus aufgingen, und zweitens die außergewöhnlichen engen und direkten Kontakte und Interaktionen zwischen den Künstlern und ihrem Publikum“. (Michael Craig-Martin) „Deconstructing Seurat“ zeigt Georges Seurats „Badende bei Asnières“ (1884). In Seurats Arbeit sind starr wirkende Figuren in einer Flusslandschaft, im Hintergrund die vorindustrielle Landschaft des 19. Jahrhunderts zu sehen. Seurat wollte die verschiedenen Aspekte der Realität miteinander verbinden. Er liebte die Pracht der Farben. Andererseits wollte er die Selbständigkeit der Formen durch seine geometrisierten Räume und Gestalten anschaulich machen. Durch seine bildnerischen Methoden verdichtet Craig-Martin in seinen Dekonstruktionen Seurats Dualität von Linie und Farbe. Er reduziert das Abbild auf die Linie und eine monochrome Farbgebung. Die Bildkomposition ändert er durch Weglassen einzelner Figuren, aller Figuren oder der Landschaftselemente und steigert so die Isoliertheit und das Entindividualisierte. Michael Craig-Martin hat über die Objekte in seinen Bildern einmal gesagt, wie sehr ihn die Anfänge von Sprachlichkeit interessieren. In seinen in der Ausstellung gezeigten computeranimierten Arbeiten „Coming“ und „Going“ schweben bekannte Objekte der Kunst- und Klassiker der Designgeschichte sowie Gebrauchsgegenstände frei im Bild und fordern auf, gelesen zu werden: das Urinoir von Marcel Duchamp, die Pfeife von Magritte, Donald Judds Wandobjekte, Bauhaus-Möbel und immer wieder Gegenstände des Alltags. Die animierten Computerbilder sind so angelegt, dass die zu sehenden Objekte „kommen“ und „gehen“, mal in den Vorder- und dann wieder in den Hintergrund treten, sich die Objektansammlungen immer wieder neu kombinieren. Die Wahrscheinlichkeit, die gleiche Anordnung der abgebildeten Gegenstände nochmals zu sehen, ist sehr gering.

Patrick Caulfield gehört zu den Malern, die es besonders ungern sahen, wenn der Begriff Pop Art in Verbindung mit ihrem Werk verwendet wurde. Doch ungeachtet seines Widerstandes gegen jede Kategorisierung ergaben sich aus seinen Themen und Motiven und seinen bildnerischen Methoden bleibend gültige Ikonen der englischen Pop Art. Patrick Caulfield, 1936 in London geboren und dort 2005 verstorben, studierte von 1956–1960 an der Chelsea School of Art, von 1960–1963 gemeinsam mit David Hockney und R.B. Kitaj am Royal College of Art in London. Noch als Student nahm er 1961 an der Ausstellung „Young Contemporaries“ in London teil. Nach Beendigung seines Studiums kehrte er als Hochschullehrer 1963–1971 an die Chelsea School of Art zurück. 1964 war er einer der Künstler, die an der Pop Art-Ausstellung „New Generation“ in der Whitechapel Gallery in London teilnahmen. Seither wurde sein Werk in zahlreichen britischen und internationalen Ausstellungen präsentiert. Formale Überlegungen standen für Caulfield an primärer Stelle. Sie konzentrierten sich auf das Verhältnis einer klar umrissenen Form und einer kräftigen, nuancenlosen Farbe. Manche Objekte assoziieren andere Kunststile und Genres, erinnern an Vermeer, Caspar David Friedrich, Mondrian, Duchamp, Magritte und Constable. Seine besondere Liebe galt dem Kubisten Juan Gris. Caulfield war ein Meister der visuellen Illusionen. Die so einfach dargestellten Dinge und Räume sind voller Anspielungen und Andeutungen, Humor, Witz, und Melancholie. Alltagsgegenstände oder harmlose Motive gewinnen überraschend überhöhte Qualität. In Jules Laforgue (Montevideo 1860–1887 Paris) fand Caulfield einen Seelenverwandten. Witzig, ironisch, voller Melancholie beschreibt Laforgue in seinen Texten, Gedichten und Erzählungen die einfachen, kleinen Dinge des Alltags; die irdischen Umstände des täglichen Lebens. Die in der Ausstellung zu sehende Edition „Some poems of Jules Laforgue” (1973) versammelt 12 Gedichte, die Caulfield durch 22 druckgraphische Arbeiten kongenial ergänzte. In ihrer Isoliertheit sind die Objekte und Motive Zeugnis ihrer Zeit, ihrer Selbst und bringen Poesie in die Gegenwart. Die Lampen und Fenster, die verlassen wirkenden Restaurants in ihrer scharfwinkligen Geometrie von Licht und Schatten, die ein wenig geöffneten Vorhänge, die leeren Kleiderständer und Blumenvasen machen sichtbar, was nicht sichtbar ist. Sie sind Anspielungen einer Welt stiller Dramen, erzählen von Glück und Trauer, stattgefundenen und nicht stattgefundenen Verabredungen, Lebensfreude oder erlittener Einsamkeit. 1964 entstanden Caulfields erste druckgraphische Arbeiten und wurden im Laufe der Jahre immer reduzierter, schematischer und direkter. Um eine formale Lösung, die ansonsten vielleicht eher hermetisch wirkte, leichter zugänglich zu machen, nutzte er für seine Formen eine wiedererkennbare, der Welt um ihn herum entlehnte Bildersprache. Die Druckherstellung wurde für ihn zur essentiellen Ausdrucksform und Grund für die Beliebtheit seines druckgraphischen Werks.