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Der äthiopisch-britische, in Rom und Berlin lebende Künstler Theo Eshetu verbindet seit den späten 1980er Jahren in seinen Filmen und Videoinstallationen die Formensprache des Experimentalfilms – schnelle Schnittfolgen oder musikalische Bildrhythmen – mit anthropologischen Themen, wie der Bedeutung und Darstellbarkeit von Ritualen, Symbolen und Mythen. Eshetus Werk verweist auf ein komplexes Netzwerk verschiedener Kulturen, auf Formen kultureller Hybridität ebenso wie auf die Kollision von Gegensätzen.

Parallel zu den Berliner Filmfestspielen präsentiert die daadgalerie Eshetus bisher umfangreichste Video-installation „The Return of the Axum Obelisk“ (2009, 26min, loop) erstmals in Deutschland.

Die Videoinstallation „The Return of the Axum Obelisk” (2009) vertieft die im Experimentalfilm besonders substanzielle Suche nach Verknüpfungen von Inhalt und Form. Auf 15 Monitoren zeigt Eshetu, wie der „römische” Obelisk von Axum, mehr als 70 Jahre nachdem Mussolini ihn als Kriegsbeute nach Italien verschiffen ließ, nach Äthiopien zurückkehrt.

Aufbauend auf seiner eigenen filmischen Dokumentation dieses au߬ergewöhnlichen Restitutionsereignisses, kreiert Eshetu ein aufwendiges Werk, dessen kompositorische Kom¬plexität im Kleinen die technische Ingenieursleistung der Wiedererrichtung im Großen ehrt. Beispielsweise ver¬einen sich eindrucksvoll die Bilder aller 15 Monitore in dem Moment zu einem Bild, als das letzte Segment des Obelisken platziert wird und sich die italienischen und äthiopischen Arbeiter gegenseitig beglückwünschen. Parallel dazu nähert sich Eshetu dem Thema auch über die Tradition äthiopischer traditioneller Malerei, indem er den Ursprungsmythos – die Geschichte der Königin von Saba, deren Reich die Region um Axum bildete – in modernisierter Form in vom Künstler inszenierten und gefilmten Reenactments aufgreift und so den Prozess der Wiedererrichtung des Obelisken auch als eine „rituelle Zeremonie der Transformation“ darstellt.

Die digitale Fotocollage „Disco Africa“ entstand 2013 nach Eshetus Beteiligung an einer vom Humboldt Forum initiierten Ausstellung in den Ethnografischen Sammlungen in Berlin - Dahlem. Eshetu hatte eine Discokugel in einem der Räume des Museums installiert, einen an diesem Ort offensichtlich deplatzierten Gegenstand, um damit einerseits auf den anstehenden Umbruch und die möglicherweise in Zukunft stärker unterhaltungs-orientierte Ausstellungsgestaltung hinzuweisen und andererseits die Frage aufzuwerfen, was zum Kanon der Exponate eines ethnografischen Museums gehören kann oder soll. Auf der Fotografie sind Länder- und Staaten¬grenzen verschwunden, die Kontinente wurden gleichmäßig mit Spiegelfacetten bestückt; für Eshetu verkörpert sie die Vision „of a nation under one groove“.

Im zweiten Ausstellungsraum wird den christlichen Ritualen aus „The Return of the Axum Obelisk“ ein islamisches Ritual gegenüber gestellt: Die Videoinstallation „The Festival of Sacrifice“ (2012, 16min, loop) zeigt auf sechs Flatscreens die rituelle Schlachtung einer Ziege zum Ende des Ramadan, die Eshetu auf der kenianischen Insel Lamu gefilmt hat. Durch mehrfache Spiegelungen wird die eigentlich drastische Handlung sublimiert zu einer an traditionelle islamische Muster erinnernden Bildfolge. Das kunstfertige Zerlegen des Tierkörpers findet seine Entsprechung in der kaleidoskophaften Auflösung der Videobilder.

„Masked Self Portrait“ ist Teil einer fortlaufenden Serie fotografischer Selbstporträts des Künstlers, für die er Bilder von Statuen, Masken oder die Porträts von anderen auf sein eigenes Gesicht projiziert. Die Serie begann 2004, als er zunächst Abbildungen aus dem Ausstellungskatalog „Festival Mondial des Arts Nègres“ (1966) dafür verwendete. Es handelt sich dabei um die erste Kunstausstellung, die Eshetu als Kind in Dakar sah.

Theo Eshetu (geb. 1958 in London) lebt und arbeitet in Rom und Berlin. Seine Arbeiten wurden auf zahlreichen Filmfestivals und in internationalen Institutionen präsentiert, z.B. dem Filmfestival von Venedig, dem Filmfestival von London, dem New York African Film Festival, der 2. Video-Biennale von Fukui, Japan, u.v.a. Seine Filme wurden mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, u.a. durch das Berlin Video Festival, das International African Film Festival in Mailand oder das Festival dei Due Mondi in Spoleto. Eshetu hat an internationalen Aus¬stellungen teilgenommen, u.a. im Institute of Contemporary Art, London, im Stedelijk Museum, Amsterdam, in der National Gallery of Canada, im Martin Gropius Bau, Berlin und in der National Gallery of Cape Town, Südafrika. 2011 wurden seine Arbeiten auf der Sharjah Biennale und auf der Venedig Biennale gezeigt. 2012 war Theo Eshetu Gast des Berliner Künstlerprogramms des DAAD.