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Unter verschiedenen Namen spielte der Rosa-Luxemburg-Platz seit fast 100 Jahren unterschiedlichste Rollen als Bühne für politische Auseinandersetzungen und Monumente. Zahlreiche Demonstrationen der linken, etwa nach der Ermordung von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht, aber auch bedrohlich inszenierte Aufmärsche de Nazis nahmen hier ihren Ausgang. 1928 versuchte die KPD an der Stelle des heutigen Pavillons ein Denkmal für Lenin zu errichten. Der damalige Berliner Senat lehnte das Vorhaben allerdings ab. Nur weinge Jahre später errichteten dort stattdessen die Nationalsozialisten das Horst Wessel-Denkmal. Seit einiger Zeit wird nun versucht, mit einem Kunstwerk ein Denkzeichen für Rosa Luxemburg zu errichten. Mit Ulrike Meinhof will Thomas Kilpper die spezifische Politisierung dieses Ortes in die Gegenwart verlängern, jedoch nicht ohne dabei neue Brüche zu schaffen und Stilisierungen und Klischierungen, die damit einhergehen, kritisch zu befragen. Mit seiner Skulptur bezieht er sich auch auf die gleichnamige Johann Kresnik-Inszenierung an der Volksbühne von 1993. Ulrike Meinhoff steht wie kaum eine andere Persönlichkeit der westdeutschen Nachkriegslinken für einen langen Weg der politischen Auseinandersetzung mit den Mächtigen des Staates, auf dem sie sich von einer kritischen Journalistin zu einer revolutionären Untergrund-Kämpferin radikalisierte. Sie engagierte sich in den 50er Jahren als Studentin gegen die Wiederbewaffnung und gegen die Atomrüstung der BRD, bevor sie über zehn Jahre politische Essays insbesondere in der Zeitschrift Konkret veröffentlichte und schließlich, auf dem Höhepunkt des US-Kriegs gegen Vietnam, 1970 selbst zur Waffe griff und die Rote Armee Fraktion mitbegründete. 1972, nach 2 Jahren Großfahndung und allenthalben Plakatierung an jeder Litfasssäule, wurde sie gefasst. Die Haft musste sie zeitweise in völlig menschenleeren Trakten, isoliert von der Außenwelt, verbringen. Während des goßen Stammheim-Prozesses saß sie mit Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Carl Raspe auf der Anklagebank. Kurz nachdem sie vor Gericht eine umfangreiche Rede und Anklage gegen das US-amerikanische "Engagament" in Indochina vortrug, wurde sie am 9. Mai 1976 tot in ihrer Zelle aufgefunden. Der Staat hat es nicht geschafft, die Widersprüche und begründeten Zweifel an seiner Selbstmord-These auszuräumen. und die Todesumastände lückenlos aufzuklären. Ulrike Meinhof wäre dieses Jahr 70 Jahre alt geworden. Nach ihrem Tod wurde ihr Gehirn ohne Einwilligung der Angehörigen entfernt und über ein Vierteljahrhundert lang zu "wissenschaftlichen Zwecken" in Labors deutscher Universitäten aufbewahrt. Bereits 1973 wollte die Staatsanwaltschaft gegen den Willen von Ulrike Meinhof einen OP-Eingriff in ihr Gehirn vornehmen, der nur durch internationale Öffentlichkeit und Kritik verhindert werden konnte. Die mediale Aufbereitung des "Gehirnraubes" zeigt die Wiederkehr dieses alten Versuchs der Pathologisierung von Ulrike Meinhoff und damit die Pathologisierung revolutionärer Politik überhaupt. Dagegen setzt der Künstler die Realität der Werke, die Ulrike Meinhof selbst geschaffen hat, ihre Texte und Briefe von 1960-76. Pressetext